HANSEATISCHE RECHTSANWALTSKAMMER HAMBURG
Ausgabe 2/2024 vom 21. März 2024

VII. Geldwäscheaufsicht

Aufsicht nach dem Geldwäschegesetz

Der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer obliegt die Aufsicht gem. §§ 50 Nr. 3, 51 Abs. 1 GwG über die Verpflichteten (Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte) nach dem Geldwäschegesetz. So überprüft sie die Einhaltung der im GwG festgelegten Anforderungen und Pflichten gemäß § 51 Abs. 3 S. 2 GwG.


Organisation der Kammer

Im Berichtsjahr wurde die Geldwäscheaufsicht durch zwei Geldwäschegesetzabteilungen des Vorstands wahrgenommen, die sich regelmäßig treffen und die sich mit den für die Geldwäscheaufsicht zuständigen Jurist*innen in der Geschäftsstelle austauschen und Maßnahmen nach dem GwG vorbereiten. Jede Abteilung besteht aus vier Mitgliedern (also insgesamt acht Vorstandsmitgliedern); die aktuelle Besetzung können Sie unserer Homepage im Bereich „Über Uns/Organisation“ entnehmen. In der Geschäftsstelle sind zwei Jurist*innen im Stundenumfang von 1,5 Vollzeitstellen und zwei Sachbearbeiterinnen im Bereich der Geldwäscheaufsicht beschäftigt.


Prüfungen durch die Kammer

In 2023 hat die Hanseatische Rechtsanwaltskammer insgesamt 1.300 Prüfungen nach dem Geldwäschegesetz durchgeführt. Damit sie ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllen kann, muss sie zunächst feststellen, über wen bzw. welche Mitglieder sie die Aufsicht führt (vgl. § 51 Abs. 1 GwG).


Feststellung der Verpflichteteneigenschaft

Nicht jede Rechtsanwältin und nicht jeder Rechtsanwalt ist nämlich Verpflichtete/r nach dem Geldwäschegesetz. Erst soweit diese sogenannte Kataloggeschäfte i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG betreuen, sind sie Verpflichtete nach dem GwG und müssen die dort niedergelegten Pflichten erfüllen.

Die Hanseatische Rechtsanwaltskammer kommt der Verpflichtung zur Feststellung der Verpflichteteneigenschaft nach, indem sie ihre Mitglieder prüft. Dafür werden in einem ersten Schritt jährlich zufällig ausgewählte Mitglieder (ca. 10 % p.a.) anlasslos angeschrieben. Dies geschieht durch den sog. Erhebungsbogen (Fragebogen I zum GwG). Bei Mitgliedern, die sich nicht bei der Kammer melden, führt die Kammer Prüfungen durch, um festzustellen, ob Anhaltspunkte für eine Verpflichtetenstellung bestehen (§ 52 Abs. 6 GwG) und erlässt ggf. Anordnungen gegenüber Mitgliedern, an der Feststellung der Verpflichteteneigenschaft mitzuwirken. Weiterhin überprüft die Kammer durch Stichproben die Angaben von Mitgliedern, keine Verpflichteten zu sein.

Soweit die Mitglieder Verpflichtete i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG sind, prüft die Hanseatische Rechtsanwaltskammer in einem zweiten Schritt im schriftlichen Verfahren oder im Rahmen von Vor-Ort-Prüfungen, ob die Mitglieder ihren Verpflichtungen als Verpflichtete nach dem GwG nachkommen.


Schriftliche Prüfungen

Im zweiten Schritt (2-stufige Prüfung) werden die Mitglieder vorwiegend schriftlich geprüft. Für die schriftliche Prüfung wird ein von der der Arbeitsgruppe der Rechtsanwaltskammern bei der Bundesrechtsanwaltskammer entwickelter Prüfbogen (Fragebogen II zum GwG) für die Geldwäscheaufsicht verwandt. Die Hanseatische Rechtsanwaltskammer ist keine Strafverfolgungsbehörde. Es ist also nicht ihre Aufgabe, zu überprüfen, ob ihre Mitglieder sich an Geldwäsche beteiligen oder nicht. Die Hanseatische Rechtsanwaltskammer als Aufsichtsbehörde hat zu prüfen, ob ihre Mitglieder die Sorgfaltspflichten und Präventivmaßnahmen, die einer (unbeabsichtigten) Beteiligung an Geldwäsche entgegenwirken sollen, erfüllen.

Gleichwohl ist in § 44 GwG eine Meldepflicht normiert, womit die Kammer unverzüglich alle – also auch die in einem Beratungsgespräch erlangten – Tatsachen, die darauf hindeuten, dass ein Vermögensgegenstand mit Geldwäsche oder mit Terrorismusfinanzierung im Zusammenhang steht, der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (Financial Intelligence Unit oder kurz FIU) melden muss. Dies gilt gemäß § 44 Abs. 1 S. 2 GwG nicht, wenn Rechtsanwälte ihrerseits auch nicht zu einer Meldung verpflichtet wären. Diese Pflicht zur Anzeige ist bei der Kommunikation mit der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer, insbesondere auch bei Anfragen, bitte unbedingt zu beachten.

Zu den Pflichten der Verpflichteten gehören, dass die Verpflichteten über ein wirksames Risikomanagement verfügen (§§ 4 ff. GwG), bestimmte Sorgfalts- (§§ 10 ff. GwG), Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten (§ 8 GwG) erfüllen und ihren (Verdachts-) Meldepflichten nachkommen (§§ 23a, 43 ff. GwG). Dies gilt grundsätzlich auch für Syndikusrechtsanwält*innen. Zum Risikomanagement gehören das Erstellen einer (Kanzlei-) Risikoanalyse (§ 5 GwG), die Durchführung von internen Sicherungsmaßnahmen (§ 6 GwG) und gegebenenfalls die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten (§ 7 GwG).  Zu den allgemeinen Sorgfaltspflichten gehören u.a. das Identifizieren des Mandanten, der für diesen auftretenden Personen und der wirtschaftlich Berechtigten (§§ 10 Abs. 1, 11-13 GwG) und das Erstellen einer Risikobewertung je Kataloggeschäft gem. §§ 10 Abs. 2 GwG i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 GwG.


Vor-Ort-Prüfungen

Ebenfalls ist die Hanseatische Rechtsanwaltskammer berechtigt, sog. Vor-Ort-Prüfungen durchzuführen. Dies ist in § 51 Abs. 3, § 52 Abs. 2 GwG geregelt. Danach können diese besonderen Prüfungen vor Ort in der Kanzlei, aber z.B. auch in der Geschäftsstelle der Kammer durchgeführt werden. Die Hanseatische Rechtsanwaltskammer hat im Jahr 2023 in 14 Fällen eine solche Vor-Ort-Prüfung durchgeführt. Die Prüfungen fanden jeweils in den Kanzleiräumen des zu überprüfenden Mitgliedes statt.


Ordnungswidrigkeitenverfahren

Seit dem 01.01.2020 ist die Hanseatische Rechtsanwaltskammer gemäß § 73 b Abs. 1 BRAO auch für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 56 GwG zuständig, soweit diese von ihren Mitgliedern begangen werden. Das GwG enthält derzeit einen Katalog von 81 Ordnungswidrigkeitstatbeständen, die Verstöße gegen die Sorgfaltspflichten nach dem GwG sanktionieren. Im Berichtsjahr 2023 sind ein zuvor verhängtes Verwarngeld (über € 50,-) und drei Bußgeldbescheide in Höhe von € 520,-, € 525,- und € 3.000,- rechtskräftig geworden. Diese Maßnahmen wurden im Berichtsjahr auf der Homepage gem. § 57 GwG bekannt gegeben.  Darüber hinaus wurden weitere Bußgelder in Höhe von bis zu € 10.000,- verhängt. Die entsprechenden Verfahren sind noch nicht abgeschlossen und teilweise auch noch bei der Staatsanwaltschaft/dem Amtsgericht anhängig (das Amtsgericht entscheidet über gegen die von der Kammer erlassenen Bußgeldbescheide eingelegte Einsprüche).


Risikobasierte Prüfung

Anfang 2021 ist die Hanseatische Rechtsanwaltskammer dazu übergegangen, für die Prüfzeiträume vermehrt risikobasiert (vgl. § 3a GwG und § 51 Abs. 3 S. 4 GwG) und weniger schematisch zu prüfen, nachdem in den ersten Prüfungsdurchläufen Erkenntnisse dazu gewonnen wurden, wer Verpflichteter ist und welche Risikofaktoren überwiegend in der Anwaltschaft vorliegen.

Während die Kammer in den Prüfungsdurchläufen 2018-2019 noch 100 % der Verpflichteten anlasslos schriftlich geprüft hat, hat sie seit 2020/2021 immer mehr anlassbezogen (z.B. bei festgestellten Mängeln oder widersprüchlichen Angaben) jedoch in der Regel im ersten Prüfungsschritt anlasslos und risikobasiert (so etwa bei Vorliegen von Risikofaktoren) geprüft. So hat sich zwar die Anzahl der schriftlichen Prüfungen etwas reduziert, dafür aber die Qualität der Prüfungen und auch die Effizienz deutlich erhöht.

Für die risikobasierte Aufsicht hat die Kammer sämtliche ihr zur Verfügung stehenden Quellen zur Risikobestimmung genutzt. Hierzu gehörten unter anderem auch die Nationale Risikoanalyse des BMF und die Supranationale Risikoanalyse der Europäischen Kommission.

Das Bundesministerium der Finanzen hatte am 19.10.2019 die erste Nationale Risikoanalyse (NRA) für 2018/2019 veröffentlicht. Nach dem Ergebnis der NRA liegt insbesondere im Immobiliensektor sowie bei Bargeldtransaktionen sowie bei Share Deals ein hohes Geldwäscherisiko vor. In dem Ergebnis der NRA für Deutschland sind auch die Ergebnisse der 2. und 3. supranationalen Risikoanalyse (SRNA) der Europäischen Kommission vom 24.07.2019 und vom 27.10.2022 berücksichtigt worden. Das Geldwäscherisiko für Angehörige juristischer Berufe wird demnach als potentiell hoch eingeschätzt.


Schulungen durch die Kammer und Hilfsmittel für Verpflichtete

Um ihren Mitgliedern Orientierung bei der Erfüllung der Pflichten nach dem GwG zu geben, veröffentlicht die Hanseatische Rechtsanwaltskammer regelmäßig von der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der Kammern erarbeitete und aktualisierte Anwendungs- und Auslegungshinweise zum GwG. Sie finden die aktuelle Fassung stets auf der Homepage der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer im Bereich „Mitglieder“, dort im Bereich „Geldwäschegesetz“.

Regelmäßig wurden 2023 im Kammerreport die Mitglieder für die Pflichten nach dem Geldwäschegesetzt sensibilisiert. Ferner wurde eine Musterrisikoanalyse sowie weitere hilfreiche Informationen auf unserer Homepage veröffentlicht, an der sich die Mitglieder orientieren können.

Auch hat die Kammer in 2023 Schulungen und Erfahrungsaustausche zum GwG angeboten bzw. sich an solchen beteiligt. Hierbei hat es sich u.a. um einen Workshop der FIU am 14.09.2023 zum Thema Verdachtsmeldungen nach § 43 GwG gehandelt, einen Vortrag von unserem Referenten RA Bluhm im Rahmen einer Geldwäschetagung zur Geldwäscheaufsicht der Kammern bei der Deutsch-Nordischen Juristenvereinigung in Rostock sowie um eine 5-stündige Schulung am 22.09.2023  von RA Bluhm zu den Pflichten nach dem GwG für Rechtsanwälte (teilweise in Kooperation mit dem DAI).


Finanzkriminalitätsgesetz (FBKG), Schaffung einer Bundesoberbehörde zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (BBF) und einer Zentralstelle für die Geldwäscheaufsicht (ZfG)

Als Folge der FATF-Deutschlandprüfung (siehe auch der letztjährige Geschäftsbericht), in welcher die zersplitterte Aufsichtslandschaft im Nichtfinanzsektor (es gibt über 300 Aufsichtsbehörden), ein noch mangelndes Risikoverständnis für Geldwäschetypologien und Schwierigkeiten bei der Ermittlung komplexer, grenzüberschreitender Geldwäschefälle kritisiert wurde, hat die Bundesregierung beschlossen, eine neue Bundesoberbehörde zu gründen, die künftig (noch) effektiver gegen Geldwäsche vorgehen soll. Die Bundesoberbehörde zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (BBF) soll auf drei Säulen ruhen: Dem Bundesfinanzkriminalamt (BFKA), der Financial Intelligence Unit (FIU) und der Zentralstelle für die Geldwäscheaufsicht (ZfG). Das BBF soll ab Mitte 2024 arbeitsfähig sein, die ZfG etwas später (ab ca. 2025). Die ZfG soll das fortentwickeln, was das BMF schon im Rahmen der FATF-Prüfung gemacht hat: Sie soll Daten erheben, analysieren, koordinieren und Aufsichtsbehörden unterstützen.

Die gesetzlichen Grundlagen für den Aufbau und die Befugnisse der BBF (und der ZfG) sind im Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz (FBKG) verankert, das sich aktuell im Gesetzgebungsverfahren befindet; es sollte ursprünglich zum 01.04.2024 in Kraft treten, aber es ist unklar, ob dieser Zeitplan einzuhalten ist (https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/ Abteilung_III/20_Legislaturperiode/2023-10-13-FKBG/0-Gesetz.html).

Die BRAK hat dazu unter Mitarbeit der regionalen Rechtsanwaltskammern (einschließlich der HansRAK) eine Stellungnahme an das BMF versandt (BRAK-Stellungnahme Nr.52/2023). Aufgrund der in dem Regierungsentwurf vorgesehenen Einfügung von Kriterien für die Aufsichtsbehörden für eine effektive Aufsicht (§ 50a GwG neu) an die ZfG, befürchten die Rechtsanwaltskammern eine mittelbare Fachaufsicht. Zudem kritisieren die Kammern die im Gesetz geplanten Mehraufgaben für die Aufsichtsbehörden (zusätzliche Statistik- und Berichtspflichten sowie Mitwirkungspflichten in Bezug auf die Effektivitätsbewertung der Aufsicht durch die ZfG und die Nationale Risikoanalyse). Dies komme einem unverhältnismäßigen Bürokratieaufwand gleich, der zur Folge hat, dass die Kammern (und v.a. die kleineren Kammern) mehr Personal benötigen werden, um die zusätzlichen Aufgaben zu bewältigen. Das BMF betont, dass die ZfG keine Weisungsrechte gegenüber den Kammern haben werde. Es sei seine Harmonisierung der Aufsichtsprozesse durch die Aufsichtsbehörden im Nichtfinanzsektor geplant. Es soll eine Datenlage geschaffen werden, die aussagekräftig ist. Man wolle in Zukunft nicht mehr mit Best-Practice-Fällen arbeiten müssen (wie es z.B. in der FATF-Prüfung der Fall gewesen ist). Erkenntnisse sollen besser vernetzt werden. Die Hanseatische Rechtsanwaltskammer wird weiter an diesem Thema dranbleiben und sich darum bemühen, jegliche Eingriffe in die anwaltliche Selbstverwaltung abzuwehren.