HANSEATISCHE RECHTSANWALTSKAMMER HAMBURG
Ausgabe 3/2021 vom 31. Mai 2021

Neuer Geldwäscheparagraph (§ 261 StGB)

Am 18.3.2021 ist das Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche vom 9.3.2021 in Kraft getreten (BGBl I S. 327). Die Änderung des § 261 StGB soll die Grundlage für eine nachdrückliche Intensivierung der strafrechtlichen Verfolgung der Geldwäsche schaffen (vgl. BT-Drs. 19/24180, S. 11 f.) und die EU-Richtlinie 2018/1673 über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche umsetzen.

Die wesentlichen Änderungen des § 261 StGB bestehen aus der Streichung des bisherigen Vortatenkatalogs (§ 261 Abs. 1 StGB, alle Straftaten sind nun Vortaten), die Klarstellung in Bezug auf Strafverteidigerhonorare und die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen (§ 261 Abs. 1 Satz 3 StGB), die Strafrahmenschärfung für Verpflichtete nach dem GwG (§ 261 Abs. 4 StGB) und die Beibehaltung der möglichen leichtfertigen Begehungsweise (§ 261 Abs. 6 StGB). Die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige (§ 261 Abs. 8 StGB) ist nach wie vor gegeben (die Streichung war diskutiert worden).

Angesichts der Strafrahmenschärfung für Verpflichtete nach dem GwG, der Streichung des Vortatenkatalogs unter gleichzeitiger Beibehaltung der möglichen leichtfertigen Begehungsweise und der Gefahr, dass jede Annahme von Honoraren, die womöglich mit schmutzigem Geld bezahlt werden, zu einer Strafbarkeit führen kann, ist für Rechtsanwälte künftig äußerste Vorsicht geboten. Jeder Rechtsanwalt und jede Rechtsanwältin muss zukünftig sehr sorgfältig prüfen, ob sie selbst sich der Geldwäsche strafbar machen (oder eine Teilnahme an der Geldwäsche des Mandanten begehen). Außerdem werden die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte prüfen müssen, ob eine Verdachtsmeldung nach § 43 GwG an die FIU zu machen ist. Es steht zu befürchten, dass darunter das Vertrauensverhältnis zwischen der Anwaltschaft und der Mandantschaft leiden wird – Mandantinnen und Mandanten könnten versucht sein, Ihren Anwältinnen und Anwälten nicht mehr alles zu erzählen, um diese nicht bösgläubig zu machen.

Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hatte in ihrer Stellungnahme zum Regierungsentwurf (Nr. 78/2020, S. 16) die Änderungen massiv kritisiert: Der all-crimes-approach des Regierungsentwurfs zu § 261 StGB sei nach europäischem Recht durch die Geldwäscherichtlinie 2018/1673 nicht veranlasst gewesen, nach deutschem Verfassungsrecht nur unter engen Voraussetzungen - deren Einhaltung zweifelhaft sei - verhältnismäßig, kriminologisch angesichts der Struktur der bisherigen Hellfeldkriminalität nicht naheliegend und kriminal- und justizpolitisch im „Kampf“ gegen organisierte Kriminalität dysfunktional, weil die ohnehin belasteten Ressourcen der Strafverfolgung mit bagatellhaften Vortaten überstrapaziert würden. Der Leichtfertigkeitstatbestand sei aus rechtslogischen Gründen teilweise selbstwidersprüchlich und führe im Übrigen bei Wegfall eines Vortatenkatalogs zu einer verfassungsrechtlich problematischen Überkriminalisierung, weshalb die BRAK empfahl, diesen zu streichen.

Auch die Hanseatische Rechtsanwaltskammer hatte dazu erhebliche Bedenken geäußert. Damit, dass die Geldwäsche völlig umstrukturiert und neugestaltet wurde, geht der Gesetzgeber weit über die Vorgaben der EU-Richtlinie (2018/1673) hinaus. Mit der Streichung des Vortatenkatalogs unter zeitgleicher Beibehaltung der möglichen leichtfertigen Begehungsweise ist die Geldwäsche im Ergebnis zu einem Massendelikt geworden und birgt nun die Gefahr, dass vor allem Bagatelldelikte unnötig kriminalisiert und abgeurteilt werden. Das ist zwar für die Verurteilungsstatistik Deutschlands von Vorteil. Jedoch ergeben sich auch Nachteile daraus. Es wird zwangsläufig mehr Verurteilungen wegen Geldwäsche anstatt Verurteilungen wegen der Vortat geben. Ob damit aber tatsächlich die von der EU-Kommission und der FATF geforderte effektivere strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche erreicht wird und mit der Änderung des § 261 StGB nun auch die „dicken Fische“ der Geldwäscher ins Netz gehen und verurteilt werden, darf ernsthaft bezweifelt werden. Die Änderungen werden zwangsläufig auch massive Folgen für Verdachtsmeldepflichten nach § 43 GwG haben, die ebenfalls erheblich ansteigen werden. Auch gut für die Statistik, aber sicher kein Nachweis für eine effektivere Geldwäschebekämpfung. Und auch zu einer Entlastung der Justiz dürften die Änderungen nicht führen. Im Gegenteil: Durch die uferlose Ausweitung des Geldwäscheparagraphen müssen in Zukunft absehbar zahlreiche Verfahren mehr geführt werden. Es ist anzunehmen, dass die Staatsanwaltschaften viele der Bagatelldelikte, die nun unter den Tatbestand der Geldwäsche fallen, schon aus Opportunitätsgründen (§§ 153, 153a StPO) einstellen werden.

Am Ende bleibt nur festzustellen, dass die an den Gesetzesentwurf geäußerte Kritik an der Änderung des § 261 StGB leider nicht erhört wurde und nach einiger Zeit evaluiert werden sollte, ob der Nachweis der effektiveren Verfolgung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche geführt werden kann und ob nicht vielleicht nachträglich wieder Korrekturen des § 261 StGB möglich werden.