HANSEATISCHE RECHTSANWALTSKAMMER HAMBURG
Ausgabe 3/2021 vom 31. Mai 2021

BGH: Geschäftsführer als Syndikusrechtsanwalt

Der BGH hat in einem Urteil vom 7.12.2020 sehr hohe Anforderungen an die Zulassung eines GmbH-Geschäftsführers als Syndikusrechtsanwalt gestellt. Zwar ist danach (weiterhin) die Syndikuszulassung als GmbH-Geschäftsführer nicht generell ausgeschlossen. Aber aufgrund der gesellschaft- bzw. organrechtlichen Weisungsgebundenheit als Geschäftsführer nach § 37 GmbHG müsse die für die Syndikuszulassung erforderliche fachliche Unabhängigkeit (§ 46 Abs. 3 und 4 BRAO) durch eine gesellschaftsvertragliche Regelung erfolgen.

Nach § 46 Abs. 3 BRAO muss die Tätigkeit von Syndikusrechtsanwälte/Syndikusrechtsanwältinnen fachlich unabhängig und eigenverantwortlich erfolgen. Dies ist nach der gesetzlichen Legaldefinition nicht der Fall, wenn sich Syndikusrechtsanwälte/ Syndikusrechtsanwältinnen an Weisungen zu halten haben, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen (§ 46 Abs. 4 Satz 1 BRAO). Zudem ist die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung vertraglich und tatsächlich zu gewährleisten (§ 46 Abs. 4 Satz 2 BRAO).

In dem zu entscheidenden Fall enthielt der Dienstvertrag die Vereinbarung, dass der Geschäftsführer seine Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt fachlich unabhängig und eigenverantwortlich ausübt. In der vorgelegten Tätigkeitsbeschreibung war zudem angegeben, dass er keinen allgemeinen oder konkreten Weisungen in fachlichen Angelegenheiten unterliegt, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung beeinträchtigen, ihm gegenüber keine Vorgaben zur Art und Weise der Bearbeitung und Bewertung bestimmter Rechtsfragen bestehen und er fachlich eigenverantwortlich arbeitet.

Gleichwohl sah der BGH darin keine ausreichend vertraglich und tatsächlich gewährleistete fachliche Unabhängigkeit, da es aufgrund der gesellschafts- und organrechtlichen Weisungsgebundenheit des GmbH-Geschäftsführer (§ 37 GmbHG) an der gebotenen vertraglichen Gewährleistung seiner fachlichen Unabhängigkeit fehle. Denn der Geschäftsführer einer GmbH sei nach § 37 Abs. 1 GmbHG verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, welche für den Umfang seiner Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten, durch den Gesellschaftsvertrag oder, soweit dieser nicht ein anderes bestimmt, durch die Beschlüsse der Gesellschafter festgesetzt sind. Danach habe er grundsätzlich Weisungen der Gesellschafterversammlung – sei es im Einzelfall oder als allgemeine Richtlinie – zu jeder Geschäftsführerangelegenheit zu befolgen, sofern nicht der Gesellschaftsvertrag eine abweichende Regelung enthält.

Diese gesellschafts- bzw. organrechtliche Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers werde nicht durch die Vereinbarungen in seinem Dienstvertrag und seiner Tätigkeitsbeschreibung zur Weisungsfreiheit bei anwaltlichen Tätigkeiten aufgehoben. Der Anstellungsvertrag eines GmbH-Geschäftsführers sei grundsätzlich nachrangig zum gesellschaftsrechtlichen Organverhältnis, weswegen dienstvertragliche Abreden grundsätzlich nicht in die gesetzliche oder statutarische Ausgestaltung des Organverhältnisses eingreifen dürften. Weisungen der Gesellschafterversammlung müsse der Geschäftsführer mithin auch dann beachten, wenn diese in Widerspruch zu seinem Anstellungsvertrag stehen. Etwaige dienstvertraglich vereinbarte Weisungsverbote begrenzten daher nicht die gesellschafts- bzw. organrechtliche Pflicht zur Befolgung von Weisungen, es sei denn, die Beschränkung wird – entsprechend der Vorgabe des § 37 Abs. 1 GmbHG – zusätzlich in den Gesellschaftsvertrag (die Satzung) aufgenommen. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall gewesen.

BGH, Urteil vom 7.12.2020 – AnwZ (Brfg) 17/20