HANSEATISCHE RECHTSANWALTSKAMMER HAMBURG
Ausgabe 3/2021 vom 31. Mai 2021

FG Hamburg: Akteneinsicht in Zeiten der Pandemie

Das Finanzgericht Hamburg hat in einem Beschluss vom 1.2.2021 festgestellt, dass eine Übersendung der Akten in die Kanzleiräume eines Prozessbevollmächtigten auch gestützt auf den neu gefassten § 78 Abs. 3 Satz 1 FGO möglich sei. Eine Akteneinsicht in Zeiten der Pandemie sei durch Übersendung der Sachakten in die Kanzleiräume des Prozessbevollmächtigten zu gewähren.

Nach § 78 Abs. 1 Satz 1 FGO können die Beteiligten die Gerichtsakte und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen. Wird die Prozessakte – wie in dem dortigen Verfahren – in Papierform geführt, erfolgt die Akteneinsicht grundsätzlich durch Einsichtnahme in die Akten in den Diensträumen (§ 78 Abs. 3 Satz 1 FGO).

Gleichwohl sei es allgemein anerkannt, dass durch die Neufassung des § 78 Abs. 3 Satz 1 FGO eine Akteneinsicht außerhalb von Diensträumen nicht generell ausgeschlossen und im Einzelfall auch eine Übersendung der Akten in die Kanzleiräume eines Prozessbevollmächtigten möglich ist. Die Entscheidung, Akteneinsicht außerhalb von Diensträumen zu gewähren, sei eine am Einzelfall auszurichtende Ermessensentscheidung des Gerichts, die die für und gegen eine Aktenversendung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abzuwägen hat.

Vor dem Hintergrund des Infektionsgeschehens im Zusammenhang mit der Pandemie und dem in Hamburg mit der sog. Eindämmungsverordnung verfolgten gesetzgeberischen Anliegen, körperliche Kontakte zu anderen Personen auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren, ist eine Einsichtnahme in den Räumlichkeiten des Gerichts bis auf weiteres nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich ist.

Da die Gerichte nach dem Willen der politisch Verantwortlichen ihrer verfassungsrechtlichen Aufgabe der effektiven Rechtsschutzgewährleistung auch in Zeiten der Pandemie gerecht werden sollen, müsse den Beteiligten eines finanzgerichtlichen Verfahrens auch in diesen Zeiten die Möglichkeit gegeben sein, Einsicht in die dem Gericht vorgelegten Akten zu nehmen. Diese Möglichkeit der Akteneinsicht auch zu Pandemiezeiten sei im konkreten Fall durch Übersendung der Akten in die Kanzleiräume zu realisieren. Anhaltspunkte dafür, dass ein Verlust der Akte oder Teile der Akte drohten oder dass eine Akteneinsicht in den Kanzleiräumen missbraucht werden könnte, den Akteninhalt zu manipulieren, bestünden nicht.

Finanzgericht Hamburg, Beschluss vom 1.2.2021 – 4 K 136/20