HANSEATISCHE RECHTSANWALTSKAMMER HAMBURG
Ausgabe 3/2023 vom 1. Juni 2023

DRV: Befreiung auch bei niedergelassenen Rechtsanwälten nur tätigkeitsbezogen

Das Bundessozialgericht hat jüngst entschieden, dass ein/e Rechtsanwaältin/Rechtsanwalt auch als unabhängiges Organ der Rechtspflege abhängig beschäftigt und damit sozialversicherungspflichtig sein kann. Konkret hat das Bundessozialgericht dies in Bezug auf Gesellschafter-Geschäftsführer einer Rechtsanwaltsgesellschaft entschieden. Hierzu berichteten wir bereits im Kammerreport 5/2022 vom 1. Dezember 2022. Uns erreichen Hinweise, dass die Deutsche Rentenversicherung deshalb vermehrt Betriebsprüfungen durchführt.

Wir nutzen die Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass die Befreiung von der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung immer nur tätigkeitsbezogen ist. Das gilt nicht nur für Syndikusrechtsanwälte/Syndikusrechtsanwältinnen, sondern auch für niedergelassene Rechtsanwälte/Rechtsanwältinnen. Jede (wesentliche) Änderung der Tätigkeit erfordert also einen neuen Befreiungsantrag.

Dies betrifft zunächst (neben den Syndikusrechtsanwälten/Syndikusrechtsanwältinnen) alle angestellten niedergelassenen Rechtsanwälte/Rechtsanwältinnen. Dort ist jedenfalls jeder Wechsel eines Arbeitgebers eine wesentliche Änderung. Ob es bei niedergelassenen Rechtsanwälten//Rechtsanwältinnen in anderen Fällen eine wesentliche „Tätigkeitsänderung“ geben kann, ist sehr fraglich: denn eine Rechtsanwältin und ein Rechtsanwalt üben stets die gleiche Tätigkeit aus: sie beraten die Mandanten. Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts benötigen aber zumindest auch anwaltliche Geschäftsführer von Berufsausübungsgesellschaften eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung: nämlich dann, wenn sie nicht die Rechtsmacht besitzen, die Geschicke der Gesellschaft zu bestimmen.

Seit dem 1.1.2023 gibt es nur noch die die Möglichkeit, den Befreiungsantrag elektronisch zu stellen. Auch hierzu berichteten wir im Kammerreport 5/2022 vom 1. Dezember 2022.

Gerade bei länger laufenden Anstellungsverhältnissen oder Tätigkeiten als Geschäftsführer kann sich eine Prüfung des Status empfehlen – denn durch die in vielfacher Hinsicht verschärfte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entfalten ältere Befreiungsbescheide möglicherweise heute keine Befreiungswirkung mehr.