HANSEATISCHE RECHTSANWALTSKAMMER HAMBURG
Ausgabe 2/2023 vom 27. März 2023

VII. Geldwäscheaufsicht

VII. Geldwäscheaufsicht

Aufsicht nach dem Geldwäschegesetz

Der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer obliegt die Aufsicht gem. §§ 50 Nr. 3, 51 Abs. 1 GwG über die Verpflichteten (Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte) nach dem Geldwäschegesetz in Hamburg. So überprüft sie die Einhaltung der im GwG festgelegten Anforderungen und Pflichten gemäß § 51 Abs. 3 Satz 2 GwG.


Organisation der Kammer

Im Berichtsjahr wurde die Geldwäscheaufsicht durch zwei Geldwäschegesetzabteilungen des Vorstands wahrgenommen, die sich regelmäßig treffen und die sich mit den für die Geldwäscheaufsicht zuständigen Juristinnen in der Geschäftsstelle austauschen und Maßnahmen nach dem GwG vorbereiten. Jede Abteilung besteht aus vier Mitgliedern (also insgesamt acht Vorstandsmitgliedern); die aktuelle Besetzung können Sie unserer Homepage im Bereich „Über Uns/Organisation“ entnehmen. In der Geschäftsstelle sind eine Juristin und ein Jurist im Stundenumfang von 1,5 Vollzeitstellen und zwei Sachbearbeiterinnen im Bereich der Geldwäscheaufsicht beschäftigt.


Prüfungen durch die Kammer

In 2022 hat die Hanseatische Rechtsanwaltskammer insgesamt 1.191 Prüfungen nach dem Geldwäschegesetz durchgeführt. Damit sie ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllen kann, muss sie zunächst feststellen, über wen bzw. welche Mitglieder sie die Aufsicht führt (vgl. § 51 Abs. 1 GwG).


Feststellung der Verpflichteteneigenschaft

Nicht jede Rechtsanwältin und nicht jeder Rechtsanwalt ist nämlich Verpflichtete/r nach dem Geldwäschegesetz. Erst soweit diese sogenannte Kataloggeschäfte i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG betreuen, sind sie Verpflichtete nach dem GwG und müssen die dort niedergelegten Pflichten erfüllen.

Die Hanseatische Rechtsanwaltskammer kommt der Verpflichtung zur Feststellung der Verpflichteteneigenschaft nach, indem sie ihre Mitglieder prüft. Dafür werden in einem ersten Schritt jährlich zufällig ausgewählte Mitglieder (ca. 10 % p.a.) anlasslos angeschrieben. Dies geschieht durch den sog. Erhebungsbogen (Fragebogen I zum GwG). Bei Mitgliedern, die sich nicht bei der Kammer melden, führt die Kammer Prüfungen durch, um festzustellen, ob Anhaltspunkte für eine Verpflichtetenstellung bestehen (§ 52 Abs. 6 GwG) und erlässt ggf. Anordnungen gegenüber Mitgliedern, an der Feststellung der Verpflichteteneigenschaft mitzuwirken. Weiterhin überprüft die Kammer durch Stichproben die Angaben von Mitgliedern, keine Verpflichteten zu sein.

Soweit die Mitglieder Verpflichtete i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG sind, prüft die Hanseatische Rechtsanwaltskammer in einem zweiten Schritt im schriftlichen Verfahren oder im Rahmen von Vor-Ort-Prüfungen, ob die Mitglieder ihren Verpflichtungen als Verpflichtete nach dem GwG nachkommen.


Schriftliche Prüfungen

Im zweiten Schritt (2-stufige Prüfung) werden die Mitglieder vorwiegend schriftlich geprüft. Für die schriftliche Prüfung wird ein von der Arbeitsgruppe der Rechtsanwaltskammern bei der Bundesrechtsanwaltskammer entwickelter Prüfbogen (Fragebogen II zum GwG) für die Geldwäscheaufsicht verwandt. Die Hanseatische Rechtsanwaltskammer ist keine Strafverfolgungsbehörde. Es ist also nicht ihre Aufgabe, zu überprüfen, ob ihre Mitglieder sich an Geldwäsche beteiligen oder nicht. Die Hanseatische Rechtsanwaltskammer als Aufsichtsbehörde hat zu prüfen, ob ihre Mitglieder die Sorgfaltspflichten und Präventivmaßnahmen, die einer (unbeabsichtigten) Beteiligung an Geldwäsche entgegenwirken sollen, erfüllen.

Gleichwohl ist in § 44 GwG eine Meldepflicht normiert, womit die Kammer unverzüglich alle – also auch die in einem Beratungsgespräch erlangten – Tatsachen, die darauf hindeuten, dass ein Vermögensgegenstand mit Geldwäsche oder mit Terrorismusfinanzierung im Zusammenhang steht, der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (Financial Intelligence Unit oder kurz FIU) melden muss. Dies gilt gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 GwG nicht, wenn Rechtsanwälte ihrerseits auch nicht zu einer Meldung verpflichtet wären. Diese Pflicht zur Anzeige ist bei der Kommunikation mit der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer, insbesondere auch bei Anfragen, bitte unbedingt zu beachten.

Zu den Pflichten der Verpflichteten gehören, dass die Verpflichteten über ein wirksames Risikomanagement verfügen (§§ 4 ff. GwG), bestimmte Sorgfalts- (§§ 10 ff. GwG), Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten (§ 8 GwG) erfüllen und ihren Verdachtsmeldepflichten nachkommen (§§ 43 ff. GwG). Dies gilt grundsätzlich auch für Syndikusrechtsanwält*innen. Zum Risikomanagement gehören das Erstellen einer Risikoanalyse (§ 5 GwG), die Durchführung von internen Sicherungsmaßnahmen (§ 6 GwG) und gegebenenfalls die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten (§ 7 GwG). Zu den allgemeinen Sorgfaltspflichten gehören das Identifizieren des Mandanten und der wirtschaftlich Berechtigten (§§ 10 ff. GwG).


Vor-Ort-Prüfungen

Ebenfalls ist die Hanseatische Rechtsanwaltskammer berechtigt, sog. Vor-Ort-Prüfungen durchzuführen. Dies ist in § 51 Abs. 3, § 52 Abs. 2 GwG geregelt. Danach können diese besonderen Prüfungen vor Ort in der Kanzlei, aber z.B. auch in der Geschäftsstelle der Kammer durchgeführt werden. Die Hanseatische Rechtsanwaltskammer hat im Jahr 2022 in 13 Fällen eine solche Vor-Ort-Prüfung durchgeführt. Dabei stellte die Corona Pandemie gewisse Hürden und Schwierigkeiten auf, die jedoch durch vorheriges Anmelden und durch die Einhaltung der geltenden Schutzmaßnahmen bewältigt werden konnten. Die Prüfungen fanden jeweils in den Kanzleiräumen des zu überprüfenden Mitgliedes statt.


Ordnungswidrigkeitenverfahren

Seit dem 01.01.2020 ist die Hanseatische Rechtsanwaltskammer gemäß § 73 b Abs. 1 BRAO auch für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 56 GwG zuständig, soweit diese von ihren Mitgliedern begangen werden. Das GwG enthält derzeit einen Katalog von 81 Ordnungswidrigkeitstatbeständen, die Verstöße gegen die Sorgfaltspflichten nach dem GwG sanktionieren. Im Berichtsjahr 2022 sind zuvor verhängte 3 Verwarngelder und 2 Bußgeldbescheide rechtskräftig geworden. Die Höhe der rechtskräftigen Bußgeldbescheide betrug jeweils 1.400,-€ und 4.700,-€. Diese Maßnahmen wurden im Berichtsjahr auf der Homepage gem. § 57 GwG bekannt gegeben.


Risikobasierte Prüfung

Anfang 2021 ist die Hanseatische Rechtsanwaltskammer dazu übergegangen, für die Prüfzeiträume vermehrt risikobasiert (vgl. § 3a GwG und § 51 Abs. 3 Satz 4 GwG) zu prüfen.

Während die Kammer in den Prüfungsdurchläufen 2018-2019 noch 100 % der Verpflichteten anlasslos schriftlich geprüft hat, hat sie seit 2020/2021 immer mehr anlassbezogen (z.B. bei festgestellten Mängeln oder widersprüchlichen Angaben) und risikobasiert (so etwa bei Vorliegen von Risikofaktoren) geprüft. So hat sich zwar die Anzahl der schriftlichen Prüfungen etwas reduziert, dafür aber die Qualität der Prüfungen und auch die Effizienz deutlich erhöht.

Für die risikobasierte Aufsicht hat die Kammer sämtliche ihr zur Verfügung stehenden Quellen zur Risikobestimmung genutzt. Hierzu gehörten unter anderem auch die Nationale Risikoanalyse des BMF und die Supranationale Risikoanalyse der Europäischen Kommission.

Das Bundesministerium der Finanzen hatte am 19.10.2019 die erste Nationale Risikoanalyse (NRA) für 2018/2019 veröffentlicht. Nach dem Ergebnis der NRA liegt insbesondere im Immobiliensektor sowie bei Bargeldtransaktionen sowie bei Share Deals ein hohes Geldwäscherisiko vor. In dem Ergebnis der NRA für Deutschland sind auch die Ergebnisse der supranationalen Risikoanalyse (SRNA) der Europäischen Kommission vom 24.07.2019 berücksichtigt worden. Das Geldwäscherisiko für Angehörige juristischer Berufe wird demnach als sehr hoch eingeschätzt.


Schulungen durch die Kammer und Hilfsmittel für Verpflichtete

Um ihren Mitgliedern Orientierung bei der Erfüllung der Pflichten nach dem GwG zu geben, veröffentlicht die Hanseatische Rechtsanwaltskammer regelmäßig von der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der Kammern erarbeitete und aktualisierte Anwendungs- und Auslegungshinweise zum GwG, so auch im Berichtsjahr 2022. Sie finden die aktuelle Fassung stets auf der Homepage der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer im Bereich „Mitglieder“, dort im Bereich „Geldwäschegesetz“.

Regelmäßig wurden 2022 im Kammerreport die Mitglieder für die Pflichten nach dem Geldwäschegesetzt sensibilisiert. Ferner wurde eine Muster-Risikoanalyse sowie weitere hilfreiche Informationen auf unserer Homepage veröffentlicht, an der sich die Mitglieder orientieren können.

Auch hat die Kammer in 2022 regelmäßig Schulungen zum GwG angeboten bzw. sich an solchen beteiligt. Hierbei hat es sich u.a. um einen Workshop der FIU am 12.04.2022 hinsichtlich der Reichweite der Meldepflicht nach § 43 GwG gehandelt sowie um zwei jeweils 5-stündige Schulungen am 15.09. und 28.09.2022 zu den Pflichten nach dem GwG für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (teilweise in Kooperation mit dem DAI).

FATF-Deutschlandbericht und Prüfung durch den Rat der europäischen Union

Im Anschluss an die im Jahre 2021 durchgeführte Deutschlandprüfung durch die Financial Action Task Force (FATF) in Berlin (siehe letzter Geschäftsbericht) erschien nun am 24.08.2022 der FATF- Deutschlandbericht. Kritikpunkte des Berichts waren u.a., dass zu viele Aufsichtsbehörden im Nichtfinanzsektor und unklare Zuständigkeiten existieren, ein teilweise noch zu wenig ausgeprägtes Risikoverständnis von Verpflichteten, zu wenig oder nicht ausreichende Sanktionen durch die Aufsichtsbehörden, zu wenig Verurteilungen wegen Geldwäsche und zu wenig Verdachtsmeldungen durch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Wobei die FATF darauf hinwies, dass die Mängel hinsichtlich der wenigen Verurteilungen und Sanktionen naturgemäß dem Umstand geschuldet seien, dass die Kammern die Aufsichtstätigkeit noch nicht lange innehaben. Insgesamt kann die FATF jedoch einen deutlich positiven Trend mit sehr guten Ansätzen in unserer Arbeit erkennen. Insbesondere wurde das Thema Schulungen bei den Verpflichteten sehr positiv hervorgehoben und dass die Kammern (u.a. wurde hier in dem FATF-Bericht explizit auf die Hanseatische Rechtsanwaltskammer verwiesen) auf ihren Homepages wertvolle Informationen für Verpflichtete zur Verfügung stellen).

Zu denselben Ergebnissen kam auch der Rat der Europäischen Union, der im Auftrag der Europäischen Kommission am 13.05.2022 wie die FATF im Jahr zuvor eine Prüfung der Aufsichtsbehörden im Nichtfinanzsektor durchführte. Im Rahmen eines On-Site-Visits stellte sich die Hanseatische Rechtsanwaltskammer zusammen mit anderen geprüften Kammern und der BRAK dabei den kritischen Fragen der Prüfer des Rats und legte erfolgreich dar, wie die Kammer ihre Aufsichtsaufgaben wahrnimmt und in Zukunft wahrnehmen wird.

 

Die Geldwäscheaufsicht für 2022 der Kammer in Zahlen:

Die Geldwäscheaufsicht der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer lässt sich für 2022 wie folgt statistisch darstellen: