HANSEATISCHE RECHTSANWALTSKAMMER HAMBURG
Ausgabe 3/2022 vom 2. Juni 2022

Vorsicht im elektronischen Rechtsverkehr bei außerprozessualer Schriftform

Bekanntlich kann eine Klage ohne qualifizierte elektronische Signatur (qeS) bei Gericht wirksam eingereicht werden, wenn die einreichende Person aus dem eigenen beA die Klage selbst versendet. Dies hat der Gesetzgeber in den Verfahrensordnungen ausdrücklich so vorgesehen (vgl. etwa § 130a Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Nr. 2 ZPO oder § 55a Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Nr. 2 VwGO).

Doch Vorsicht: Das bedeutet nicht, dass bei Selbstversand aus dem beA die qeS immer verzichtbar ist. Denn die vorgenannten Regelungen ersetzen nur die prozessuale Schriftform. Die meisten Schriftformerfordernisse außerhalb der Verfahrensordnungen kennen aber entsprechende Ersetzungsregelungen nicht. Deshalb ist in diesen Fällen nach den allgemeinen Regelungen auch bei einem Selbstversand aus dem beA eine qeS zur Einhaltung dieser außerprozessualen Schriftform erforderlich.

So ist beispielsweise bei einer mietrechtlichen Kündigung weiterhin die Form des § 126a BGB zu beachten, weshalb diese auch bei Selbstversand über das beA nur mit qeS wirksam ausgesprochen werden kann.

Ebenso verhält es sich mit dem Widerspruch im Verwaltungsverfahren, der schriftlich einzulegen ist (§ 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Viele Behörden sind mittlerweile an das EGVP-System angeschlossen und über das beA adressierbar. Dennoch ist auch bei Selbstversand aus dem beA für den Widerspruch regelmäßig die Verwendung einer qeS erforderlich (§ 3a Abs. 2 Satz 2 VwVfG).

(Beitrag am 2.6.2022 bearbeitet.)