HANSEATISCHE RECHTSANWALTSKAMMER HAMBURG
Ausgabe 3/2022 vom 2. Juni 2022

Ab 1.8.2022: Alles neu für Berufsausübungsgesellschaften

Am 1.8.2022 treten weitreichende Änderungen für alle Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Kraft, die ihren Beruf gemeinsam mit anderen Personen ausüben.

Jede Kollegin und jeder Kollege muss sich mit den neuen gesetzlichen Regelungen befassen. Denn Sie alle sind von den Änderungen betroffen! Eine Ausnahme kann nur für die gelten, die ihren Beruf alleine in einer Einzelkanzlei ausüben – aber Vorsicht: es gibt z.B. auch neue Regelungen für Bürogemeinschaften, § 59q BRAO-neu!

Zum 1.8.2022 führt das Gesetz den Begriff der „Berufsausübungsgesellschaften“ ein und unterwirft diese Berufsausübungsgesellschaften einer engmaschigen Regulierung. „Berufsausübungsgesellschaft“ ist dabei jeder Zusammenschluss einer Rechtsanwältin / eines Rechtsanwalts mit anderen „zur gemeinschaftlichen Ausübung ihres Berufs“, § 59b Abs.1 Satz 1 BRAO-neu. Das gilt unabhängig von der Rechtsform: es gilt also für die 2-Mann/Frau-Sozietät in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts genauso wie für die internationale Sozietät mit 2.000 Berufsträgern.

Besonders wichtig:

1. Grundsätzlich sind alle Berufsausübungsgesellschaften zulassungsbedürftig: sie müssen also einen Antrag auf Zulassung bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer stellen; eine Ausnahme gilt nur für „Personengesellschaften, bei denen keine Beschränkung der Haftung der natürlichen Personen vorliegt und denen als Gesellschafter und als Mitglieder der Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane ausschließliche Rechtsanwälte oder Angehörige eines in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Berufs angehören“, § 59f Abs.1 Satz 2 BRAO-neu.

2. Alle Berufsausübungsgesellschaften, die am 1.8.2022 bestanden und zulassungsbedürftig sind, müssen den Zulassungsantrag bis zum 1.11.2022 stellen, § 209a Abs.2 Satz 1 BRAO-neu. 

3. Alle Berufsausübungsgesellschaften benötigen – zusätzlich zu der Berufshaftpflichtversicherung ihrer Mitglieder – eine eigene Berufshaftpflichtversicherung, § 59n BRAO-neu: das gilt unabhängig davon, ob die Berufsausübungsgesellschaft zugelassen ist oder zulassungsbedürftig ist. Außerdem wurden die Regelungen über die Mindestversicherungssummen geändert; bestehende Berufsausübungsgesellschaften sollten auf jeden Fall ihren Versicherungsschutz prüfen. Siehe dazu auch den Beitrag "Ab 1.8.2022: Pflicht für eigene Berufshaftpflichtversicherung von Berufsausübungsgesellschaften" in diesem Kammerreport.

4. Alle zugelassenen Berufsausübungsgesellschaften bekommen ein eigenes besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA). Sie verfügen dann also über ein „Gesellschaftspostfach“, § 31b BRAO-neu. Für Zweigstellen können auf Antrag zusätzliche beAs eingerichtet werden. Das Gesellschaftspostfach tritt neben die beAs der einzelnen Berufsträgerinnen und Berufsträger; die persönlichen beAs bleiben also bestehen und müssen weiterhin empfangsbereit gehalten werden.

Die neuen Regelungen bringen aber auch Erleichterungen. So wird z.B. der Kreis der sozietätsfähigen Berufe erweitert.

Für aktuelle und weitergehende Informationen besuchen Sie bitte auf unserer Homepage unsere Informationsseiten zu den Berufsausübungsgesellschaften.

Diese Informationsseiten werden laufend aktualisiert und erweitert. Dort finden Sie also stets die aktuellen Informationen. Dort werden wir auch Formulare für Anträge auf Zulassung als Berufsausübungsgesellschaft zur Verfügung stellen.

Wie bei grundlegenden Gesetzesnovellen üblich, gibt es viele offene und ungeklärte Fragen, die sich erst im Laufe der Zeit klären werden. Es lohnt sich und empfiehlt sich also, häufiger auf unseren Seiten vorbeizuschauen.

Die Änderungen werden eingeführt durch das „Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe“. Das Gesetz datiert vom 7.7.2021 und ist verkündet im BGBl. I 2021 S. 2363. Die Materialien finden Sie im Entwurf aus BT-Drs. 19/27670 mit Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses aus BT-Drs. 19/30516.