HANSEATISCHE RECHTSANWALTSKAMMER HAMBURG
Ausgabe 4/2023 vom 31. August 2023

BAG: Auch Syndikusrechtsanwältinnen/-rechtsanwälte müssen den ERV nutzen

Ein Syndikusrechtsanwalt, der für einen Verband nach den Bestimmungen des ArbGG und der BRAO erlaubte Rechtsdienstleistungen gegenüber den Verbandsmitgliedern erbringt, ist berechtigt und verpflichtet, den elektronischen Rechtsverkehr aktiv zu nutzen, wenn er gegenüber einem Gericht tätig wird und beispielsweise ein Rechtsmittel einlegt.
(Amtlicher Leitsatz)

Bisher war unklar, ob auch Syndikusanwältinnen und Syndikusanwälte verpflichtet sind, bei der Vertretung vor Gericht den Elektronischen Rechtsverkehr (ERV) zu nutzen. Das Bundesarbeitsgericht hat dies in einem Beschluss vom 23.05.2023 in Bezug auf einen Verbandssyndikusrechtsanwalt nun bejaht.

Die Auslegung des § 46g ArbGG unter besonderer Berücksichtigung des § 46c ArbGG und des § 46c Abs. 1 BRAO ergäbe, dass ein Syndikusrechtsanwalt, der für einen Verband nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 und Nr. 5, Satz 3 ArbGG erlaubte Rechtsdienstleistungen gegenüber den Verbandsmitgliedern erbringe (§ 46 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BRAO), nach Satz 1 zur aktiven Nutzung des ERV verpflichtet sei, wenn er gegenüber einem Gericht tätig werde.

Diese Nutzungspflicht ergäbe sich aus § 46g Satz 1 ArbGG. Der Wortlaut der Norm unterscheide nicht zwischen Rechtsanwälten und (Verbands-) Syndikusrechtsanwälten. Dies decke sich auch mit § 46c Abs. 1 BRAO, wonach für Syndikusrechtsanwälte grundsätzlich die Vorschriften über Rechtsanwälte gelten, sofern nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist.

Auch der gesetzessystematische Zusammenhang zwischen § 46g ArbGG und § 46c ArbGG spricht dafür, dass es für die Pflicht zur aktiven Nutzung des ERV darauf ankommt, ob es sich bei der das elektronische Dokument einreichenden/übermittelnden Person um eine Person handelt, der kraft ihrer Rechtsstellung ein besonderes elektronisches Postfach (beA, beBPo) und damit ein sicherer Übermittlungsweg zur Verfügung steht. Dies sei bei einem zugelassenen Rechtsanwalt (vgl. § 31a BRAO) sowie bei einem zugelassenen Syndikusrechtsanwalt über das beA (§ 46c Abs. 5 i.V.m. § 31a Abs. 1, § 31 BRAO) - unabhängig von der jeweiligen prozessualen Rechtsstellung - stets der Fall ist.

BAG Beschl. v. 23.5.2023 – 10 AZB 18/22