Das Bürger- und Organisationenpostfach (eBO) kommt
Zwei jüngst verabschiedete Gesetze sorgen dafür, dass der elektronische Rechtsverkehr (ERV) künftig mit noch mehr Akteuren möglich ist. Sie führen Pendants zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) für Steuerberater*innen, Einzelpersonen und Organisationen ein. Den Zuwachs in der ERV-Familie stellt der nachfolgende Beitrag vor.
Gesamtsystem ERV
Kernidee des ERV ist es, dass alle am Rechtsverkehr Beteiligten sicher miteinander kommunizieren können. An das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) als Basissystem wurden dazu besondere Postfächer für verschiedene Berufsgruppen bzw. Behörden angedockt: das beA, das besondere elektronische Notarpostfach (beN) und das besondere elektronische Behördenpostfach (beBPo). Auch Einrichtungen wie das Schutzschriftenregister und das Akteneinsichtsportal gehören zum EGVP-Verbund.
Den besonderen Postfächern (beA, beN, beBPo) ist gemein, dass sie nach § 130a Abs. 3 und 4 ZPO (sowie den Parallelregelungen in den anderen Verfahrensordnungen) schriftformersetzend sind. Zudem beinhalten sie einen vertrauenswürdigen Herkunftsnachweis, der die Identität und bei Anwält*innen und Notar*innen zudem tagesaktuell die Zulassung bzw. Bestellung bestätigt.
Im ERV-Puzzle fehlen jedoch noch Teile. So können etwa Steuerberater*innen, Unternehmen und Einzelpersonen bislang nur über ein gewöhnliches EGVP-Postfach oder De-Mail am ERV teilnehmen. Sie müssen daher qualifiziert elektronisch signierte Dokumente bei Gericht einreichen und können vom Gericht (außer bei der kaum genutzten De-Mail) keine elektronische Zustellung erhalten.
Das eBO kommt…
Mit dem elektronischen Bürger- und Organisationenpostfach (eBO) sollen Einzelpersonen und Unternehmen, weitere Verfahrensbeteiligte wie Sachverständige, Gerichtsvollzieher*innen, Dolmetscher*innen, Betreuer*innen sowie Sozialverbände und Gewerkschaften, aber auch Verbraucherzentralen und Inkassodienstleister in den ERV eingebunden werden. Über das eBO wird also eine sichere Kommunikation auch mit diesen Verfahrensbeteiligten, insbesondere das direkte Weiterleiten elektronisch vom Gericht zugestellter Dokumente, möglich.
Das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten, das Ende Juni den Bundesrat passierte und das voraussichtlich Ende des Jahres in Kraft tritt, sieht u.a. vor, dass sich die Nutzer*innen erstidentifizieren müssen, z.B. über den elektronischen Personalausweis bzw. für Organisationen notariell oder mittels eines qualifizierten elektronischen Siegels. Die Anmeldung am Postfach erfolgt dann über den ePersonalausweis oder ein Zertifikat, das auf einer Signaturkarte gespeichert ist. Die rechtlichen Rahmenbedingungen des eBO sind im neu eingefügten Kapitel 4 (§§ 10–12) der ERVV geregelt. § 130a Abs. 3 und 4 Nr. 4 ZPO und die Parallelvorschriften sehen vor, dass der Versand aus dem eBO – ebenso wie aus dem beA – schriftformersetzend ist. Bestimmte professionelle Nutzer*innen müssen den Zugang über ein eBO eröffnen (§ 173 Abs. 2 ZPO n.F.); ab 2026 gilt für sie eine aktive Nutzungspflicht.
… und auch das beSt
Ab 2023 wird für Steuerberater*innen ebenfalls ein Postfach, kurz: beSt, eingeführt (§ 86d StBerG n.F.). Das sieht das Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften vom 7.7.2021 (BGBl. 2021 I, 2363) vor. Zudem wird wie für Anwalts- auch für Steuerberatungsgesellschaften ein Gesellschaftspostfach eingeführt.
Das beSt ist im Wesentlichen parallel zum beA ausgestaltet. Der Zugang soll jedoch nicht über ein Pendant zur beA-Karte erfolgen, sondern über eine Steuerberaterplattform, bei der Steuerberater*innen sich verpflichtend registrieren müssen (§ 76 Abs. 1 StBerG n.F.). Für das beSt gilt zudem von Beginn an eine passive Nutzungspflicht (§ 86d Abs. 4 StBerG n.F.) – und ab 2026 infolge der Änderungen durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten eine aktive Nutzungspflicht.