AGH Hamm: Drohung mit serbischem Inkassobüro
Nach einem Urteil des AGH Hamm stellt die erfolglose Drohung mit der Einschaltung eines serbischen Inkassobüros eine versuchte Nötigung (§ 240 Abs. 1 und 3 StGB) und einen Verstoß gegen das berufsrechtliche Sachlichkeitsgebot (§ 43a Abs. 3 BRAO) dar.
Der Rechtsanwalt erhielt in eigener Sache in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren einen Bußgeldbescheid. Noch vor rechtskräftigem Verfahrensabschluss wurde die zwangsweise Beitreibung des Bußgeldes angekündigt. Um dies abzuwenden, zahlte er das Bußgeld nebst Verfahrenskosten, legte aber Erinnerung gegen den Kostenansatz ein, um die gezahlten Beträge zurückzuerhalten. Später setzte er in einem Schreiben auf Kanzleibriefpapier der zuständigen Bezirksrevision eine Frist für die Rückzahlung. Hierzu schrieb er, dass er ansonsten gedenke, „ein serbisches Inkassounternehmen, das sich auf Hausbesuche spezialisiert hat und sich einer beachtlichen Erfolgsquote rühmt“, mit dem Beitreiben seiner Forderungen zu beauftragen.
Nach Auffassung des AGH stelle das Schreiben eine Drohung mit einem empfindlichen Übel dar. Im Zusammenhang mit Inkassotätigkeiten seien großen Teilen der Bevölkerung osteuropäische Geldeintreiber bekannt, die entschlossen und mit einschüchterndem Auftreten vorgehen, um angebliche Geldforderungen ihrer Auftraggeber unter allen Umständen zu realisieren; in der möglichen Anwendung von Nötigungsmitteln und der mangelnden Bereitschaft zur Rücksichtnahme auf Schuldnerrechte läge insoweit der entscheidende Unterschied zu einem registrierten inländischen Inkassobüro.
Das Inaussichtstellen eines Auftrags an ein derartiges Inkassobüro sei ohne weiteres geeignet gewesen, die Zeugin zu dem angesonnenen Verhalten zu bewegen, insbesondere die Ankündigung von Hausbesuchen und damit das Eindringen in die Privatsphäre des Opfers. Selbst für Beschäftigte in Rechtsprechung und öffentlicher Verwaltung, die häufig Kritik und auch Angriffen ausgesetzt sind und deswegen eher als "abgestumpft" angesehen werden können als Beschäftigte anderer Bereiche, hebe sich diese Ankündigung von Äußerungen anderer Art dadurch ab, dass der Bereich eines geregelten Verfahrens, wie er in einem Rechtsbehelfs- oder Dienstaufsichtsbeschwerdeverfahren gegeben ist, verlassen, die Person des Bedrohten und ihr Privatleben ins Visier genommen werden und Folgen für die physische und psychische Gesundheit nicht auszuschließen seien.
Entgegen der Auffassung des Rechtsanwaltes müsse diese Formulierung in seinem Schreiben auch nicht als Scherz aufgefasst werden. Denn der Rest des Schreibens, der keinerlei Hinweise auf eine fehlende Ernstlichkeit enthalte, gehe nicht mit einem vermeintlichen Scherz einher. Die angedrohte Tätigkeit eines serbischen Inkassodienstes könne auch nur so verstanden werden, dass dadurch das staatliche Gewaltmonopol umgangen werden sollte, was als verwerflich anzusehen sei.
Anwaltsgerichtshof Hamm, Urteil vom 5.3.2021 – 2 AGH 5/20