HANSEATISCHE RECHTSANWALTSKAMMER HAMBURG
Ausgabe 4/2021 vom 26. August 2021

Bericht über die Lage der Rechtsstaatlichkeit in der EU

Die Europäische Kommission hat am 20. Juli 2021 mit dem Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2021 den zweiten Bericht über die Lage der Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union veröffentlicht. Hintergrund sind die Bemühungen der Europäischen Kommission, den Bereich Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union zu stärken. Ziel des jährlich erscheinenden Berichts ist es, die Transparenz im Bereich Rechtsstaatlichkeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten zu erhöhen und das notwendige Bewusstsein zu schaffen, damit Rechtsstaatlichkeit einen hohen Platz auf der Agenda der EU einnimmt.

In den Bericht fließen Beiträge aus allen EU-Mitgliedstaaten ein und es werden positive und negative Entwicklungen in der gesamten EU dargelegt. Der Bericht wird darüber hinaus von Länderkapiteln zu der spezifischen Situation in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten begleitet. Der Bericht stützt sich auf eine Vielzahl an Daten und Beiträgen von EU-Agenturen, europäischen Netzwerken, nationalen und europäischen Organisationen der Zivilgesellschaft und Berufsverbänden sowie internationalen und europäischen Akteuren, welche die Europäische Kommission im Rahmen der Erstellung des Berichts erhoben und zusammengetragen hatte. Alle EU-Mitgliedstaaten beteiligten sich an dem Prozess, indem sie schriftliche Beiträge bereitstellten und sich an zu diesem Zweck zwischen März und Mai durchgeführten Besuchen der Kommission in den Ländern beteiligten. Auch die BRAK wurde im Rahmen der virtuellen Länderbesuche der Kommission im Vorfeld der Ausarbeitung des Berichts konsultiert und war somit an der Entstehung des Berichts beteiligt.

Inhaltlich ist eine zentrale Erkenntnis des diesjährigen Berichts, dass erste positive Entwicklungen in den EU-Mitgliedsstaaten in den in der ersten Ausgabe des Rechtsstaatlichkeitsberichts bemängelten Bereichen zu beobachten sind. Fast alle EU-Mitgliedstaaten führten Reformen in Bezug auf ihr
Justizwesen durch, wenngleich sich diese in Umfang, Form und Fortschritt unterscheiden. Dennoch bestehen im Hinblick auf einzelne EU-Mitgliedstaaten im Bereich des Mediensektors und der Unabhängigkeit der Justiz nach wie vor Bedenken. Eine besondere Herausforderung für die Rechtsstaatlichkeit in Europa stellte im Berichtszeitraum die Coronapandemie und die damit einhergehende Gesetzgebung in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten dar.

Der Forderung der BRAK nach einer im rechtstaatlichen Zusammenhang notwendige Nennung des Rechts auf rechtlichen Beistand und ein faires Verfahren ist die Kommission nachgekommen in dem sie explizit die Bedeutung der Organe der Rechtspflege beim Schutz der Grundrechte erwähnt und dabei betont, dass für ein wirksames Justizsystem es erforderlich ist, dass Anwälte ihrer Tätigkeit der Beratung und Vertretung von Mandanten frei nachgehen können. Darüber hinaus weist die Kommission auf die Bedeutung von Rechtsanwaltskammern im Hinblick auf die Garantie der Unabhängigkeit und der beruflichen Integrität von Anwälten hin.

Das deutsche Justizwesen und die Gewaltenteilung werden im länderspezifischen Bericht für Deutschland als gut funktionierend beschrieben. Des Weiteren sind die Rahmenbedingungen für die Unabhängigkeit der Medien in Deutschland gegeben. Laut dem Bericht weist Deutschland ein sehr hohes Maß an wahrgenommener richterlicher Unabhängigkeit auf und es wird angemerkt, dass das Justizsystem weiterhin effizient funktioniert. Bei Verwaltungssachen waren Verbesserungen im Vergleich zum Berichtszeitraum des Vorjahres zu verzeichnen. Die Gewaltenteilung hat während der Coronapandemie eine aktive Rolle gespielt. Restriktive Maßnahmen wurden in erster Linie von den Landesregierungen auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes ergriffen. Die Maßnahmen waren Gegenstand umfassender gerichtlicher Überprüfungen. Laut dem aktuellen Rechtstaatlichkeitsbericht wurden Bedenken hinsichtlich eines allgemeinen Trends verkürzter Fristen für die Konsultation der Interessenträger geäußert. Auch wird im Länderbericht die Erwägung erwähnt, die Befugnis der Justizminister zu ändern, Staatsanwälten in Einzelfällen Weisungen zu erteilen.

Für weiterführende Informationen verweisen wir auf den Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2021 und den Länderspezifischen Bericht für Deutschland.