AG Hamburg: Elektronischer Rechtsverkehr auch bei anwaltlich gestelltem Insolvenzantrag
1. Der den Schuldner vertretende Rechtsanwalt unterliegt der Nutzungspflicht des § 130d ZPO; die Vorschrift gilt wegen § 4 InsO auch für das Insolvenzverfahren. Eine Einreichung in Papierform durch ihn wäre unzulässig. Nur der Schuldner selbst kann den Verbraucherinsolvenzantrag in Papierform einreichen.
2. Auch die vom Schuldner zu unterschreibenden Erklärungen (Erklärung zum Restschuldbefreiungsantrag, dass kein Fall des § 287a Abs. 2 S.1 Nr.1 und 2 InsO vorliegt; Vollständigkeits- und Richtigkeitserklärungen bei der Vermögensübersicht, beim Vermögensverzeichnis und beim Gläubiger- und Forderungsverzeichnis) können vom Rechtsanwalt per beA eingereicht werden. Die Frage, wer die Erklärung zu unterschreiben hat, ist nämlich von der Frage nach ihrer Einreichbarkeit der beA zu trennen. Hierfür spricht bereits der Wortlaut des § 130d ZPO.
3. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus §§ 4 InsO, 130a Abs. 3 ZPO. Danach muss das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der „verantwortenden Person“ versehen sein. Die verantwortende Person im Sinne des § 130a Abs. 3 ZPO ist dabei die Person, die die Einreichung per beA im elektronischen Sinne verantwortet. Bei einer Einreichung eines Verbraucherinsolvenzantrages durch einen den Schuldner vertretenden Rechtsanwalt ist dies der Rechtsanwalt, und zwar für den gesamtem Verbraucherinsolvenzantrag nebst Anlagen und auch für die Erklärungen des Schuldners.
(Amtliche Leitsätze)
Wer hat bei einem anwaltlich gestellten Verbraucherinsolvenzantrag was zu unterschreiben und wie einzureichen? Mit dieser Frage setzte sich das Amtsgericht Hamburg in einer lesenswerten Entscheidung auseinander:
Der den Schuldner vertretende Rechtsanwalt unterliege der Nutzungspflicht des § 130d ZPO; die Vorschrift gelte wegen § 4 InsO auch für das Insolvenzverfahren. Eine Einreichung in Papierform durch ihn wäre unzulässig. Nur der Schuldner selbst könne den Verbraucherinsolvenzantrag in Papierform einreichen; er könne sich hierzu auch eines Vertreters oder Boten bedienen, der seinerseits nicht der Nutzungspflicht des § 130d ZPO unterliegt.
Dabei könnten sowohl der Schuldner als auch der Rechtsanwalt zulässigerweise den Insolvenzantrag, den Restschuldbefreiungsantrag sowie den Stundungsantrag unterschreiben. Dies gelte auch für die Abtretungserklärung zum Restschuldbefreiungsantrag, bei der es sich um eine prozessuale Erklärung handelt.
Die in den Formularen gemäß VerbrInsFV an mehreren Stellen vorgesehenen Erklärungen des Schuldners seien dagegen als sogenannte Wissenserklärungen grundsätzlich vom Schuldner zu unterschreiben. Dies gelte für die Erklärung zum Restschuldbefreiungsantrag, dass kein Fall des § 287a Abs. 2 S.1 Nr.1 und 2 InsO vorliegt (Hauptblatt), sowie die Vollständigkeits- und Richtigkeitserklärungen bei der Vermögensübersicht (Anlage 4), beim Vermögensverzeichnis (Anlage 5) und beim Gläubiger- und Forderungsverzeichnis (Anlage 6).
Die vom Schuldner zu unterschreibenden Erklärungen könnten indes gleichwohl vom Rechtsanwalt per beA eingereicht werden. Die Frage, wer die Erklärung zu unterschreiben hat, sei nämlich von der Frage nach ihrer Einreichbarkeit der beA zu trennen. Hierfür spreche bereits der Wortlaut des § 130d ZPO, wonach „vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen (…), die durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden“, als elektronisches Dokument einzureichen sind.
Etwas anderes ergäbe sich auch nicht aus §§ 4 InsO, 130a Abs. 3 ZPO. Danach muss das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der „verantwortenden Person“ versehen sein. Die verantwortende Person im Sinne des § 130a Abs. 3 ZPO, der die Überschrift „Elektronisches Dokument“ trägt und sich mit der Einreichung von elektronischen Dokumenten bei Gericht befasst, sei dabei die Person, die die Einreichung per beA im elektronischen Sinne verantwortet. Bei einer Einreichung eines Verbraucherinsolvenzantrages durch einen den Schuldner vertretenden Rechtsanwalt sei dies der Rechtsanwalt, und zwar für den gesamtem Verbraucherinsolvenzantrag nebst Anlagen und auch für die Erklärungen des Schuldners.
Andernfalls käme man zu dem Ergebnis, dass ein Verbraucherinsolvenzantrag (Hauptblatt) bei anwaltlicher Vertretung des Schuldners per beA, die von Schuldner zu unterzeichnenden Erklärungen (Hauptblatt, Anlage 4, Anlage 5, Anlage 6) aber in Papierform eingereicht werden müssten. Denke man dies konsequent weiter, so würde dies für das Hauptblatt gemäß VerbrInsFV bedeuten, dass dieses zunächst wegen der darin enthaltenen Anträge per beA, die sich auf demselben Blatt befindliche Erklärung des Schuldners zur Restschuldbefreiung dagegen zusätzlich in Papierform eingereicht werden müsste. Es sei nicht vorstellbar, dass der Gesetzgeber ein solches Ergebnis bei der Abfassung des § 130a Abs. 3 ZPO beabsichtigt hat.
AG Hamburg, Beschluss vom 16.10.2023 – 68g IK 491/23
2. Auch die vom Schuldner zu unterschreibenden Erklärungen (Erklärung zum Restschuldbefreiungsantrag, dass kein Fall des § 287a Abs. 2 S.1 Nr.1 und 2 InsO vorliegt; Vollständigkeits- und Richtigkeitserklärungen bei der Vermögensübersicht, beim Vermögensverzeichnis und beim Gläubiger- und Forderungsverzeichnis) können vom Rechtsanwalt per beA eingereicht werden. Die Frage, wer die Erklärung zu unterschreiben hat, ist nämlich von der Frage nach ihrer Einreichbarkeit der beA zu trennen. Hierfür spricht bereits der Wortlaut des § 130d ZPO.
3. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus §§ 4 InsO, 130a Abs. 3 ZPO. Danach muss das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der „verantwortenden Person“ versehen sein. Die verantwortende Person im Sinne des § 130a Abs. 3 ZPO ist dabei die Person, die die Einreichung per beA im elektronischen Sinne verantwortet. Bei einer Einreichung eines Verbraucherinsolvenzantrages durch einen den Schuldner vertretenden Rechtsanwalt ist dies der Rechtsanwalt, und zwar für den gesamtem Verbraucherinsolvenzantrag nebst Anlagen und auch für die Erklärungen des Schuldners.
(Amtliche Leitsätze)
Wer hat bei einem anwaltlich gestellten Verbraucherinsolvenzantrag was zu unterschreiben und wie einzureichen? Mit dieser Frage setzte sich das Amtsgericht Hamburg in einer lesenswerten Entscheidung auseinander:
Der den Schuldner vertretende Rechtsanwalt unterliege der Nutzungspflicht des § 130d ZPO; die Vorschrift gelte wegen § 4 InsO auch für das Insolvenzverfahren. Eine Einreichung in Papierform durch ihn wäre unzulässig. Nur der Schuldner selbst könne den Verbraucherinsolvenzantrag in Papierform einreichen; er könne sich hierzu auch eines Vertreters oder Boten bedienen, der seinerseits nicht der Nutzungspflicht des § 130d ZPO unterliegt.
Dabei könnten sowohl der Schuldner als auch der Rechtsanwalt zulässigerweise den Insolvenzantrag, den Restschuldbefreiungsantrag sowie den Stundungsantrag unterschreiben. Dies gelte auch für die Abtretungserklärung zum Restschuldbefreiungsantrag, bei der es sich um eine prozessuale Erklärung handelt.
Die in den Formularen gemäß VerbrInsFV an mehreren Stellen vorgesehenen Erklärungen des Schuldners seien dagegen als sogenannte Wissenserklärungen grundsätzlich vom Schuldner zu unterschreiben. Dies gelte für die Erklärung zum Restschuldbefreiungsantrag, dass kein Fall des § 287a Abs. 2 S.1 Nr.1 und 2 InsO vorliegt (Hauptblatt), sowie die Vollständigkeits- und Richtigkeitserklärungen bei der Vermögensübersicht (Anlage 4), beim Vermögensverzeichnis (Anlage 5) und beim Gläubiger- und Forderungsverzeichnis (Anlage 6).
Die vom Schuldner zu unterschreibenden Erklärungen könnten indes gleichwohl vom Rechtsanwalt per beA eingereicht werden. Die Frage, wer die Erklärung zu unterschreiben hat, sei nämlich von der Frage nach ihrer Einreichbarkeit der beA zu trennen. Hierfür spreche bereits der Wortlaut des § 130d ZPO, wonach „vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen (…), die durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden“, als elektronisches Dokument einzureichen sind.
Etwas anderes ergäbe sich auch nicht aus §§ 4 InsO, 130a Abs. 3 ZPO. Danach muss das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der „verantwortenden Person“ versehen sein. Die verantwortende Person im Sinne des § 130a Abs. 3 ZPO, der die Überschrift „Elektronisches Dokument“ trägt und sich mit der Einreichung von elektronischen Dokumenten bei Gericht befasst, sei dabei die Person, die die Einreichung per beA im elektronischen Sinne verantwortet. Bei einer Einreichung eines Verbraucherinsolvenzantrages durch einen den Schuldner vertretenden Rechtsanwalt sei dies der Rechtsanwalt, und zwar für den gesamtem Verbraucherinsolvenzantrag nebst Anlagen und auch für die Erklärungen des Schuldners.
Andernfalls käme man zu dem Ergebnis, dass ein Verbraucherinsolvenzantrag (Hauptblatt) bei anwaltlicher Vertretung des Schuldners per beA, die von Schuldner zu unterzeichnenden Erklärungen (Hauptblatt, Anlage 4, Anlage 5, Anlage 6) aber in Papierform eingereicht werden müssten. Denke man dies konsequent weiter, so würde dies für das Hauptblatt gemäß VerbrInsFV bedeuten, dass dieses zunächst wegen der darin enthaltenen Anträge per beA, die sich auf demselben Blatt befindliche Erklärung des Schuldners zur Restschuldbefreiung dagegen zusätzlich in Papierform eingereicht werden müsste. Es sei nicht vorstellbar, dass der Gesetzgeber ein solches Ergebnis bei der Abfassung des § 130a Abs. 3 ZPO beabsichtigt hat.
AG Hamburg, Beschluss vom 16.10.2023 – 68g IK 491/23