LG Bielefeld: Säumnis bei Videoverhandlung ohne Bild
Säumnis in digitalen Zeiten: Nach Auffassung des Landgerichts Bielefeld ist bei einer Videoverhandlung eine Partei auch dann säumig, wenn von ihr zwar der Ton zu hören, nicht aber das Bild zu sehen ist.
Im konkreten Fall konnte der Prozessbevollmächtigte des Klägers das Gericht und den Prozessbevollmächtigten der Beklagten zwar per Video sehen. Auch die Tonübertragung war für alle Beteiligten einwandfrei. Jedoch war es dem Gericht und dem Prozessbevollmächtigten der Beklagtenseite nicht möglich, den Kläger visuell in Bild und Farbe wahrzunehmen.
Dadurch sei der Kläger in der öffentlichen Verhandlung säumig gewesen. Bei einer Verhandlung nach § 128a ZPO sei Säumnis bereits dann anzunehmen, wenn eine Partei zwar eine Tonverbindung herstellen, aber von Anfang an kein Bild in den Sitzungssaal übertragen könne. Im konkreten Fall habe der Prozessbevollmächtigte des Klägers seine berufliche Sorgfalt außer Acht gelassen, indem er vor der öffentlichen Sitzung nicht für die technische Videoausstattung gesorgt habe. Entscheide sich eine Partei, nicht persönlich zu erscheinen und von § 128a ZPO Gebrauch zu machen, gehöre es jedenfalls zur gebotenen Sorgfalt, dass die betreffende Partei alle notwendigen Vorkehrungen treffe, um eine Bild- und Tonübertragung in der mündlichen Verhandlung sicherzustellen. Es müssten also die zumutbaren und möglichen technischen Vorkehrungen getroffen werden.
Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers das Gericht telefonisch über die technischen Probleme bei der Einwahl in die Videokonferenz informiert hatte, konnte jedenfalls auf Anraten des Richters, hierfür einen anderen Browser zu verwenden, eine allseitige Tonverbindung mittels der Videokonferenzsoftware hergestellt werden. Darüber hinaus war es dem klägerischen Prozessbevollmächtigten möglich, das Gericht und den Prozessbevollmächtigten auf Beklagtenseite visuell wahrzunehmen. Die anderen Beteiligten hingegen konnten den Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht in Bild und Farbe sehen. Daraus ergebe sich, dass auf Klägerseite keine ausreichenden technischen Vorkehrungen zur Bildübertragung getroffen worden seien. Es sei dem Prozessbevollmächtigten des Klägers auch zumutbar gewesen, sich über die Einsatzfähigkeit einer Webcam bzw. deren Kompatibilität mit dem Videokonferenzsystem der Justiz zu vergewissern. Insbesondere sei er im Rahmen des Erlasses der gerichtlichen Verfügung ausdrücklich auf die erforderliche technische Ausstattung hingewiesen worden. Dieses Verhalten seines Prozessbevollmächtigten müsse sich der Kläger zurechnen lassen.
LG Bielefeld, Versäumnisurteil vom 25.9.2023 – 3 O 219/20