HANSEATISCHE RECHTSANWALTSKAMMER HAMBURG
Ausgabe 4/2022 vom 1. September 2022

Pflichten nach dem Geldwäschegesetz (GwG) - Interne Sicherungsmaßnahmen gem. § 6 GwG

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte müssen präventive Pflichten nach dem GwG erfüllen, damit sie bei der Ausübung ihres Berufs nicht (unwissentlich) von Geldwäschern für kriminelle Geschäfte missbraucht werden. Der kürzlich veröffentlichte Bericht der Financial Action Task Force (kurz FATF) – einem international anerkannten Kontrollgremium für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung – attestiert deutschen Rechtsanwälten zwar ein wachsendes, aber vielfach noch nicht ausreichendes Risikobewusstsein und Risikoverständnis für die Gefahren und Typologien der Geldwäsche. Deshalb gilt es, dieses Risikobewusstsein und Risikoverständnis stetig zu schärfen. Den Bericht über das Ergebnis der Deutschlandprüfung 2021/2022 finden Sie hier.

Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen können attraktiv für Geldwäscher sein, weil sie häufig das Spezialwissen für bestimmte Geschäfte/Transaktionen haben und nicht zuletzt auch wegen ihrer Pflicht zur Verschwiegenheit. Umso wichtiger ist es, dass sich verpflichtete Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte nach dem GwG schon vor bzw. bei Annahme eines Mandats darüber im Klaren sind, welches potentielle Geldwäscherisiko den jeweils betreuten Geschäften innewohnt, um entsprechende präventive Maßnahmen ergreifen zu können. Um den Gefahren der Geldwäsche wirksam zu begegnen, verlangt das Gesetz von den Verpflichteten gem. § 2 GwG, dass sie gem. § 4 Abs. 1 GwG im Hinblick auf Art und Umfang ihrer Geschäftstätigkeit über ein „angemessenes“ Risikomanagement verfügen. Zum Risikomanagement gehört gem. § 4 Abs. 2 GwG – neben weiteren wichtigen Pflichten – insbesondere die Durchführung von internen Sicherungsmaßnahmen (§ 6 GwG). Das Risikomanagement ist von essentieller Bedeutung für jede Verpflichtete und jeden Verpflichteten: Die Pflichten nach den §§ 4 ff. GwG sind Dreh- und Angelpunkt jeder Geldwäschecompliance und eine zentrale Pflicht zur Verhinderung von Geldwäsche, weil sie die Verpflichteten frühzeitig dazu zwingt, zu prüfen, welche präventiven Pflichten sie nach dem GwG erfüllen müssen, um potentiellen Gefahren der Geldwäsche rechtzeitig begegnen und entsprechend handeln zu können.

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind nicht per se „Verpflichtete“ nach dem GwG, sondern nur, wenn sie an bestimmten Geschäften mitwirken. Eine Übersicht darüber, wann man als Rechtsanwältin/Rechtsanwalt Verpflichtete/r/ nach dem GwG ist, finden Sie in der Ausgabe 06/12 im BRAK-Magazin sowie in den von den regionalen Rechtsanwaltskammern und der BRAK entwickelten Auslegungs- und Anwendungshinweisen zum GwG (AAH) In diesen finden Sie auch weitere wertvolle Hinweise zu der Durchführung von internen Sicherungsmaßnahmen.

Wann muss ich interne Sicherungsmaßnahmen durchführen (§ 6 GwG)?

Verpflichtete (Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte) nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG haben gem. § 6 Abs. 1 S. 1 GwG angemessene geschäfts- und kundenbezogene interne Sicherungsmaßnahmen zu schaffen, um die Risiken von Geldwäsche und von Terrorismusfinanzierung in Form von Grundsätzen, Verfahren und Kontrollen zu steuern und zu mindern. Angemessen sind solche Maßnahmen – so heißt es im Gesetz – , die der jeweiligen Risikosituation des einzelnen Verpflichteten entsprechen und diese hinreichend abdecken (§ 6 Abs. 1 S. 2 GwG).

Sicherungsmaßnahmen nach § 6 GwG sind nicht zu verwechseln mit den Sorgfaltspflichten nach § 10 ff. GwG. Sie sind Teil des Risikomanagements der Kanzlei (§ 4 GwG), das zur Verhinderung der Gefahren von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in die Kanzleiabläufe implementiert werden muss. Aus dem Risikomanagement leiten sich sämtliche Pflichten ab, die Verpflichtete dann nach dem GwG zu erfüllen haben (§§ 10 ff. GwG).

Was heißt das konkret für mich? Wann muss ich welche Sicherungsmaßnahmen als Verpflichtete/Verpflichteter durchführen?

Welche interne Sicherungsmaßnahmen das sein können, ist (nicht abschließend) in § 6 Abs. 2 GwG aufgezählt: Dazu gehören insbesondere die Ausarbeitung von internen Grundsätzen, Verfahren und Kontrollen in Bezug auf

- den Umgang mit Risiken,

- die Kundensorgfaltspflichten §§ 10ff. GwG,

- die Erfüllung der Meldepflicht nach § 43 Abs. 1 und 6 GwG,

- die Aufzeichnung von Informationen und die Aufbewahrung von Dokumenten nach § 8 GwG,

- die Einhaltung der sonstigen geldwäscherechtlichen Vorschriften,

- ggf. die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten gemäß § 7 Abs.1 und 3 GwG (siehe die Anordnung der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer im Kammerreport 1/2018 vom 30.1.2018),

- die Schaffung und Fortentwicklung geeigneter Maßnahmen zur Verhinderung des Missbrauchs von neuen Produkten und Technologien zur Begehung von Geldwäsche und von Terrorismusfinanzierung oder für Zwecke der Begünstigung der Anonymität von Geschäftsbeziehungen oder von Transaktionen,

- die Überprüfung der Mitarbeiter auf ihre Zuverlässigkeit durch geeignete Maßnahmen, insbesondere durch Personalkontroll- und Beurteilungssysteme der Verpflichteten,

- die erstmalige und laufende Unterrichtung der Mitarbeiter in Bezug auf Typologien und aktuelle Methoden der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung sowie die insoweit einschlägigen Vorschriften und Pflichten, einschließlich Datenschutzbestimmungen, und

- die Überprüfung der zuvor genannten Grundsätze und Verfahren durch eine unabhängige Prüfung, soweit diese Überprüfung angesichts der Art und des Umfangs der Geschäftstätigkeit angemessen ist.

Eine Richtlinie für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie mit neuen Mandaten/Mandaten umzugehen ist, welche Unterlagen hierbei geprüft, eingeholt und vorgelegt werden müssen und regelmäßige GwG-Schulungen der Belegschaft sind ein wichtiger Baustein für Ihre eigene Absicherung.

Der Umfang der Sicherungsmaßnahmen steigt dabei (risikoangemessen) mit dem Organisationsgrad der Kanzlei: Wenn ich keine Mitarbeiter habe und als Einzelanwalt an einem Standort tätig und für die Erfüllung meiner GwG-Pflichten allein verantwortlich bin, benötige ich auch keine umfangreichen kanzleiinternen Regelwerke, muss keine Mitarbeiter schulen und auch keine solchen vor einer Einstellung überprüfen. Umso mehr Personen in der Kanzlei und ggf. auch an verschiedenen Standorten einer solchen arbeiten, desto mehr Informationen können verloren gehen und Arbeitsprozesse zergliedern. Hier ist es umso wichtiger, dass den Prüfprozessen nach dem GwG eine erhöhte Aufmerksamkeit zukommt und jede/r Mitarbeiter/in weiß, was sie/er zu tun hat.

Wenn ich einmal interne Sicherungsmaßnahmen geschaffen habe, kann ich mich nicht darauf "ausruhen"!

Damit ich als Verpflichtete/Verpflichteter sicherstelle, dass meine Maßnahmen zur Geldwäscheprävention zu jeder Zeit auch greifen, muss ich ständig nachhalten, dass diese auch funktionsfähig sind. Besonders wichtig ist dabei folgendes:

1. Ich muss jederzeit in der Lage sein, zu erkennen, wann ein Kataloggeschäft i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG vorliegt und wann ich als Verpflichtete/Verpflichteter Pflichten nach dem GwG zu erfüllen habe.

2. Ich muss für jedes Mandat eine sorgfältige Risikoanalyse (§ 5 GwG) durchführen, damit ich feststellen kann, welche risikoangemessenen GwG-Pflichten ich für jedes einzelne Mandat zu erfüllen habe (§§ 8, 10 ff., § 23a, 43 f. GwG, siehe hierzu auch ein aktueller Artikel im BRAK-Magazin 04/2022.

Es liegt auf der Hand, dass ich das nur kann, wenn ich mich laufend darüber informiere, ob/welche Änderungen es im GwG gibt/gegeben hat. Und davon gab es in den letzten vier Jahren reichlich: So hat der Gesetzgeber zahlreiche Änderungen und Verschärfungen im GwG beschlossen und zusätzliche (Prüf- sowie Melde-) Pflichten für Verpflichtete eingefügt. Eine ständige Befassung mit dem Thema ist daher sinnvoll und dringend angeraten. So gab es im Jahre 2020 vor allem zwei ganz wichtige Änderungen:

- Zum einen wurde der Kreis der Verpflichteten erweitert und zusätzliche Kataloggeschäfte und -tätigkeiten in § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG (dort lit, c-e GwG) eingefügt – wie z.B. die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen, so dass die Wahrscheinlichkeit zum Kreis der Verpflichteten nach dem GwG zu gehören, sich beträchtlich erhöht hat – und

- zum anderen wurde zum 1.1.2020 ein zusätzlicher § 43 Abs. 6 GwG eingefügt, der bei bestimmten Immobiliengeschäften vorschreibt, dass Verpflichtete – unabhängig von Ihrer Pflicht zur Verschwiegenheit – eine Verdachtsmeldung bei der Financial Intelligence Unit (FIU) abgeben müssen. Ergänzend dazu hat das Bundesministerium für Finanzen (BMF) eine Verordnung bestimmt, die am 1.10.2020 in Kraft getreten ist und die regelt, in welchen konkreten Fällen eine Meldung abgegeben werden muss (siehe die GwGMeldV-Immobilien).

Aktualisieren Sie Ihre internen Sicherungsmaßnahmen regelmäßig!

Die Aufsichtspraxis zeigt, dass einige Verpflichtete (Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte) dies nicht mitbekommen und in der Folge ihr Risikomanagement nicht angepasst haben, was schwere Konsequenzen nach sich ziehen kann.

Gem. § 6 Abs. 1 S. 3 GwG haben die Verpflichteten die Funktionsfähigkeit ihrer internen Sicherungsmaßnahmen ständig zu überwachen und sie bei Bedarf auch zu aktualisieren.

Empfehlenswert wäre eine Aktualisierung kanzleiinterner Richtlinien – wie auch die Erstellung einer dokumentierten Risikoanalyse – einmal jährlich, es sei denn, es haben sich kurzfristig in Ihrer Kanzlei wesentliche Änderungen in der Risikobewertung der Art der betreuten Mandate nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG ergeben; dann muss die Aktualisierung häufiger erfolgen.

Es ist nicht ratsam, für die kanzleiinternen Richtlinien ungeprüft das Material von verschiedenen Internetseiten "zusammenzukopieren" und sich zu eigen zu machen. Die Aufsichtsbehörden merken schnell, dass etwas nicht stimmt; insbesondere wenn die beigefügten Gesetzestexte und Anlagen nicht dem aktuellen Stand des Gesetzes entsprechen und eine effektive Geldwäscheprävention so überhaupt nicht funktionieren kann.

Was gilt für angestellte Rechtsanwälte/ Syndikusrechtsanwälte?

Gemäß § 6 Abs. 3 GwG ist der Arbeitgeber für die Erfüllung von internen Sicherungsmaßnahmen verantwortlich. Dies gilt auch bei (angestellten) Syndikusrechtsanwälten.

Übertragung von Sicherungsmaßnahmen auf Dritte

Interne Sicherungsmaßnahmen können unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 7 GwG auch auf Dritte (z.B. externe Dienstleister) übertragen werden, wenn dies zuvor der Kammer angezeigt worden ist, die Übertragung berufsrechtlich vereinbar ist (insbesondere die Einhaltung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht – siehe auch § 43e BRAO) und die Kammer die Übertragung genehmigt (vgl. § 6 Abs. 7 S. 2 und S. 3 GwG). Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung der internen Sicherungsmaßnahmen verbleibt gem. § 6 Abs. 7 S. 4 GwG jedoch stets bei der/dem Verpflichteten selbst.

Fazit

Ohne ein effektives Risikomanagement und ohne (kanzlei-) angemessene Sicherungsmaßnahmen können die Gefahren der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung nicht erkannt werden und man läuft Gefahr, empfindlich dafür bebußt zu werden (siehe § 56 Abs. 1 Nr. 3 GwG). Fehler sind hier absolut unnötig und vermeidbar und meistens auf mangelnde Kenntnis von der Materie und den Gefahren der Geldwäsche zurückzuführen.