OLG Hamm: Ein Telefax ist kein elektronisches Dokument
Seit dem 1.1.2022 müssen bei den Gerichten die Dokumente in elektronischer Form eingereicht werden. Die Einlegung der Berufung per Telefax ist seitdem grundsätzlich nicht mehr möglich.
In dem hier zugrundliegenden Fall reichte die Prozessbevollmächtigte die Berufungsschrift beim Oberlandesgericht fristgerecht per Telefax und einen Tag später per Post ein. Zur Begründung teilte sie in der Berufungsschrift mit, ihr beA nicht aktiv nutzen zu können, weil die Zertifizierungsstelle der Bundesnotarkammer ihren signaturrechtlichen Antrag noch nicht bearbeitet habe. Kurz darauf – aber erst nach Fristablauf – übermittelte die Prozessbevollmächtigte die Berufungsschrift über ihr beA als zwei elektronische Dokumente, die im Abstand von sechs Tagen beim Oberlandesgericht eingingen.
In einem Hinweisbeschluss teilte das OLG mit, dass es beabsichtigte, die Berufung als unzulässig zu verwerfen, da sie innerhalb der Berufungsfrist nicht formgerecht eingelegt wurde. Zur Begründung führte es aus, dass vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln seien (§ 130d Satz 1 ZPO). Die Einhaltung dieser Vorschriften seien eine Frage der Zulässigkeit der Berufung und daher von Amts wegen zu beachten. Sie stünden nicht zur Disposition der Beteiligten (§ 295 Abs. 2 ZPO).
Diesen Anforderungen genüge aber das fristgerecht eingelegte Telefax nicht. Das Telefax sei kein elektronisches Dokument. Die Nichtbeachtung des § 130d ZPO führe zur Unwirksamkeit der Prozesserklärung und damit vorliegend zur Unwirksamkeit der Berufungseinlegung.
Auch ein Fall des § 130d Satz 2 ZPO läge nicht vor. Nach dieser Vorschrift bleibe das Einreichen von Schriftstücken nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 129ff. ZPO) ausnahmsweise zulässig, wenn eine Übermittlung als elektronisches Dokument aus „technischen Gründen vorübergehend“ nicht möglich ist. Der Gesetzgeber habe mit den Einschränkungen „aus technischen Gründen“ und „vorübergehend“ ausdrücklich klargestellt, dass hierdurch professionelle Einreicher nicht von der Notwendigkeit entbunden sind, die notwendigen technischen Einrichtungen für die Einreichung elektronischer Dokumente vorzunehmen.
Daher könne die Prozessbevollmächtigte der Beklagten nicht geltend machen, dass sie ihr beA während der Berufungsfrist nicht aktiv habe nutzen können, weil die Zertifizierungsstelle der Bundesnotarkammer ihren signaturrechtlichen Antrag nicht rechtzeitig bearbeite habe. Der § 130d Satz 2 ZPO sichere nur technische Probleme bei Verwendung des vollständig eingerichteten beA ab, aber keine Verweigerung, Nachlässigkeit oder Verzögerung bei dessen Einrichtung. Der Gesetzgeber habe die Einführung des § 130d ZPO bereits mit dem Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013 langfristig angekündigt, so dass professionelle Einreicher vor dem Inkrafttreten der Vorschrift ausreichend Zeit für die Einrichtung funktionsfähiger sicherer Übermittlungswege gehabt hätten.
Außerdem habe die Prozessbevollmächtigte der Beklagten nicht glaubhaft i.S.v. § 130d Satz 3 ZPO gemacht, dass sie das beA nicht aktiv nutzen konnte. Es sei unklar geblieben, weshalb für die aktive Nutzung des beA ein „Antrag auf Dienstleistungen der Zertifizierungsstelle der Bundesnotarkammer“ zur Beglaubigung einer Unterschrift bzw. zum Erhalt eines „qualifizierten Zertifikats“ erforderlich ist. Bei der Einreichung eines elektronischen Dokuments auf einem sicheren Übertragungsweg sei keine qualifizierte elektronische Signatur erforderlich (§ 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Es genüge eine einfache Signatur, das heißt die Wiedergabe des Namens am Ende des Textes.
Auf diesen Hinweisbeschluss wurde die Berufung zurückgenommen.