VGH München: Gescheiterte Empfängersuche ist keine technische Störung
Nach Auffassung des VGH München liegt keine vorübergehende Unmöglichkeit aus technischen Gründen im Sinne von § 55d Satz 3 VwGO vor, wenn die elektronische Übermittlung eines Schriftsatzes aufgrund eines Anwendungs- bzw. Bedienungsfehlers scheitert. Denn beruhe dieses Scheitern auf einer nicht ausreichenden Schulung oder auf nicht hinreichender vorheriger autodidaktischer Befassung des Rechtsanwaltes, läge ein menschlicher und kein technischer Grund für das Scheitern der fristgemäßen elektronischen Übermittlung vor. Eine Ersatzeinreichung sei dann nicht zulässig.
In einem Verwaltungsrechtsstreit ging die Begründung für den Antrag auf Zulassung der Berufung am letzten Tag der Frist nur per Telefax ein. Am nächsten Tag informierte der Rechtsanwalt den Berichterstatter des Senats telefonisch darüber, dass eine elektronische Übermittlung der Antragsbegründung über sein beA am Vorabend technisch nicht möglich gewesen sei. Am selben Tag reichte er die Antragsbegründung dann elektronisch aus einem beA ein.
Zugleich wies er in einem weiteren Schriftsatz zur Begründung der Ersatzeinreichung per Telefax darauf hin, dass er am Abend des Fristablaufes ab 22.30 Uhr die Adresse des VGH in das Adressatensuchfeld des verwendeten Programms nicht habe eingeben können. Mehr als zehnmal sei dies auch unter Variation der Schreibweise nicht gelungen. Auch die vorgesehene Suche unter Angabe des Gerichts und dessen Adresse habe trotz einiger Versuche keinen Erfolg gehabt. Gegen 23 Uhr hätten die Versuche abgebrochen werden müssen, um noch fristgerecht die Antragsbegründung mit den umfangreichen Unterlagen (mindestens 80 Blatt) vor 24 Uhr per Fax übermitteln zu können. Erst ein Anruf bei der beA-Support-Hotline am nächsten Tag habe die Lösung erbracht.
Dies ließ der VGH nicht als vorübergehende Unmöglichkeit aus technischen Gründen gelten und verwarf den Antrag als unzulässig, da er nicht fristgerecht in der erforderlichen Form begründet worden ist. Bei der Ersatzeinreichung nach § 55d Satz 3 VwGO handele es sich um einen eng auszulegenden Ausnahmetatbestand, der nur bei tatsächlich technischen Störungen greife. Weil aber vorliegend nicht glaubhaft gemacht worden sei, dass der VGH München am dem fraglichen Abend
- aufgrund eines technischen Fehlers im Bereich der Kanzlei des Klägerbevollmächtigten,
- aufgrund eines nicht vollständig zur Verfügung gestandenen beA-Systems,
- aufgrund eines Fehlers auf den Intermediären,
- aufgrund einer Störung der VAS-Suche oder
- aufgrund einer fehlenden Erreichbarkeit der Intermediäre von außen
vom Klägerbevollmächtigten nicht auf herkömmlichen Weg als Empfänger/Adressat über die beA-Anwendung gesucht bzw. ausgewählt werden konnte, verbleibe als Grund für die gescheiterte Adresssuche nur ein – nicht von § 55d Satz 3 VwGO erfasster – Bedienungsfehler.
Praxistipp: Im vorliegenden Fall hätte in der Suchmaske bei Name „Bayerischer Verwaltungsgerichtshof“ eingegeben werden müssen. Die Eingabe „Verwaltungsgerichtshof“ – auch mit der zusätzlichen Ortsangabe „München“ – führt zu keinem Suchergebnis. Wenn man sich über den vollständigen Namen des Empfängers nicht sicher ist, empfiehlt es sich, mit Platzhaltern (*) zu arbeiten. So wird mit der Eingabe „*Verwaltungsgerichtshof“ auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof als einer von vier Treffern angezeigt. Weitere Tipps zur Empfängersuche im beA kann man im beA-Newsletter der BRAK Ausgabe 6/2019 vom 14.2.2019 nachlesen.
VGH München, Beschluss vom 1.7.2022 – 15 ZB 22.286