HANSEATISCHE RECHTSANWALTSKAMMER HAMBURG
Ausgabe 3/2024 vom 6. Juni 2024

BGH: beA-Versender und Schriftsatzverfasser müssen nicht identisch sein

Signiert ein Mitglied einer mandatierten Anwaltssozietät einen Schriftsatz, den ein anderes Mitglied der Anwaltssozietät verfasst und einfach elektronisch signiert hat, in qualifiziert elektronischer Form und reicht diesen Schriftsatz über sein besonderes elektronisches Anwaltspostfach bei Gericht ein, ist dies wirksam. Eines klarstellenden Zusatzes ("für") bei der einfachen Signatur des Schriftsatzverfassers bedarf es nicht (Amtlicher Leitsatz).

In einer Berufungssache ging die Berufungsbegründung als elektronisches Dokument beim Landgericht ein. Der Schriftsatz schließt am Ende mit dem maschinenschriftlich eingefügten Namen eines Rechtsanwaltes der prozessbevollmächtigten Sozietät ab. Versendet wurde der Schriftsatz aber mit einer qualifizierten elektronischen Signatur eines Kollegen derselben Sozietät, über dessen besonderes elektronisches Anwaltspostfach der Schriftsatz an das Gericht auch übermittelt wurde.

Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, dass eine rechtswirksame Berufungsbegründung nicht fristgemäß eingegangen sei. Es beanstandete, dass der versendende Rechtsanwalt, der den Schriftsatz qualifiziert elektronisch signiert habe, in dem Schriftsatz selbst nicht als verantwortende Person in Erscheinung trete, zumal sich darin auch kein Vertretungsvermerk finde. Deshalb fehle es an einem nach außen in Erscheinung tretenden Bindeglied zwischen der einfachen Signatur auf dem Schriftsatz und der qualifizierten elektronischen Signatur des Versandes.

Dies sieht der BGH anders und erachtet die Berufungsbegründung als wirksam eingereicht. Der § 130a Abs. 3 Satz 1 ZPO stelle zwei Wege zur rechtswirksamen Übermittlung von elektronischen Dokumenten zur Verfügung. Zum einen könne der Rechtsanwalt den Schriftsatz mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Zum anderen könne er auch nur einfach signieren, müsse den Schriftsatz aber sodann selbst auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a Abs. 4 ZPO einreichen. Durch die Einreichung eines elektronischen Dokuments mit der qualifizierten Signatur eines Rechtsanwalts übernehme dieser mithin nicht anders als bei einer handschriftlichen Unterzeichnung eines Schriftsatzes die Verantwortung für dessen Inhalt und sei daher verantwortende Person im Sinne von § 130a Abs. 3 Fall 1 ZPO. Dem stünde auch nicht entgegen, dass das elektronische Dokument am Schluss seiner Ausführungen den Namen eines anderen Rechtsanwalts als Verfasser nennt.

BGH, Beschluss vom 28.2.2024 – IX ZB 30/23