In Memoriam Axel Filges
Axel C. Filges ist am 21. Mai 2024 im Alter von 76 Jahren gestorben.
Axel Filges wurde am 28.7.1947 in Hamburg geboren. Nach seinem Studium der Rechtswissenschaft in Hamburg, Frankfurt und Köln, Referendariat und Zulassung zur Rechtsanwaltschaft am 6. September 1976 wurde er bereits 1980 Partner der Sozietät Berenberg-Gossler & Freiherr von Gleichenstein, Vorläufer der heutigen internationalen Sozietät Taylor Wessing. Den Titel Fachanwalt für Arbeitsrecht erwarb er 1989. 1998 war er Gründungsmitglied der European Employment Lawyers Association. Namhafte Mandanten vertrat er außergerichtlich und gerichtlich in tarifvertraglichen und anderen arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen über alle Instanzen hinweg. Mehr noch als seine berufliche Laufbahn zeichnete Axel Filges allerdings sein überragendes Engagement für die anwaltliche Selbstverwaltung aus. Nach mehr als zehnjähriger Zugehörigkeit zu unserem Hamburger Kammervorstand wurde er im Jahr 1999 zu unserem Kammerpräsidenten gewählt. Dieses Amt übte er bis zum Jahr 2007 aus, um sodann das Amt des Präsidenten der Bundesrechtsanwaltskammer zu übernehmen, welches er bis 2015 innehatte.
Die Amtszeiten von Axel Filges waren von einer Fülle von Herausforderungen geprägt. Überörtliche Sozietäten – einschließlich seiner eigenen – schlossen sich zu internationalen Großsozietäten zusammen, die Rechtsform der LLP wies gegenüber den seinerzeit verbreiteten GbRs und PartGs ohne Haftungsbeschränkung deutliche Vorzüge auf und berufsrechtliche Werbebeschränkungen wurden zunehmend als Hemmnis empfunden. Tradiertes anwaltliches Standesrecht entwickelte sich – nicht zuletzt aufgrund der Bastille-Beschlüsse vom Juli 1987 – zunehmend zu einem moderneren Berufsrecht, was nicht jedem gefiel. Die Zahl zugelassener Kolleginnen und Kollegen wuchs unvermindert an und erhöhte den Wettbewerbsdruck; Bestrebungen zur Förderung der Spezialisierung durch Einführung weiterer Fachanwaltschaften oder gar einer konkretisierten Fortbildungspflicht, für die Axel Filges eintrat, wurde gleichwohl mit großer Skepsis begegnet.
Eines war für Axel Filges stets klar: Die Selbstverwaltung ist unabdingbare Voraussetzung für die anwaltliche Unabhängigkeit. Staatsaufsicht ist keine Alternative. Und die Einheit der Anwaltschaft ist unabdingbare Voraussetzung für eine starke Selbstverwaltung. Axel Filges stand für diese Einheit, pflegte den regelmäßigen Dialog zwischen großen und kleinen Kanzleien und schlug Brücken zwischen niedergelassenen Rechtsanwälten und Syndizi. Axel Filges war ein Modernisierer, der Entwicklungen frühzeitig erkannte und Dinge vorantrieb. Er warnte davor, zu ignorieren, dass auch die Tätigkeit von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten als Organen der Rechtspflege gesellschaftlichen Entwicklungen ausgesetzt ist, denen ökonomische Gesetzmäßigkeiten zugrunde liegen. Er forderte deshalb Flexibilität: Das anwaltliche Berufsrecht müsse durch eine weitsichtige Normgebung in einer Weise den Gegebenheiten angepasst werden, dass Kanzleien aller Größenordnungen dieses akzeptieren könnten. Wenn das Berufsrecht nicht die legitimen Interessen auch von Minderheiten berücksichtige, werde es eher früher als später durch bewusste, aber begrenzte Regelverletzung und danach erfolgreich geführte Prozesse zu Fall gebracht werden.
Als Präsident unserer Kammer verstand sich Axel Filges als primus inter pares, dem es stets gelang, zu vermitteln und unterschiedliche Auffassungen zusammenzubringen. Er war ausgesprochen zugewandt, weltoffen, hat über den Tellerrand hinausgeblickt und sich für Reformen eingesetzt, die die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Anwaltschaft stärkten sowie deren internationale Beziehungen verbesserten. Die anwaltliche Selbstverwaltung hat er vor allem in seiner Zeit als Präsident der Bundesrechtsanwaltskammer international vernetzt und der deutschen Anwaltschaft in Europa und weit darüber hinaus besonderes Gewicht verliehen. Zur Förderung des deutschen Rechts gegenüber dem weltweit dominierenden Common Law und damit zugleich zur Stärkung des Rechtsstandortes Deutschland hat die Bundesrechtsanwaltskammer unter seiner Führung das „Bündnis für das Deutsche Recht“ mit gegründet. Und das unter seiner Leitung mit der Israel Bar Association abgeschlossene Freundschaftsabkommen ist auch heute noch Grundlage eines intensiven und durchaus kritischen Austausches zwischen deutscher und israelischer Anwaltschaft. Als Präsident der Bundesrechtsanwaltskammer trug er zudem maßgeblich zur Einführung des beA bei – ohne welches es bis heute keinen elektronischen Rechtsverkehr gäbe – und zur Einführung der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft. Aus gutem Grund wurde er daher am 7.2.2020 für seine zahlreichen Verdienste im Bereich der Anwaltschaft und des Rechtsstandortes Deutschland mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
Bei allen rechtspolitischen Auseinandersetzungen zeichnete sich Axel Filges durch zugewandte Vermittlung, aber auch Standhaftigkeit aus. Widerstände hat er nie gemieden. „Everybody‘s darling is everybody‘s fool“ gab er mir mit auf den Weg.
Axel Filges war ein großer Präsident sowohl unserer Hanseatischen Rechtsanwaltskammer als auch der Bundesrechtsanwaltskammer.
Wir nehmen dankbar Abschied von Axel C. Filges.
Dr. Christian Lemke