Zulassung zur Rechtsanwaltschaft und Arbeitnehmerüberlassung
Immer häufiger werden Projektjuristinnen und -juristen im Wege der Arbeitnehmerüberlassung bei Rechtsanwaltskanzleien eingesetzt. Sie werden von Unternehmen verliehen, die eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung haben und bei denen die Projektjuristen fest angestellt sind. Üblicherweise arbeiten die Projektjuristen ausschließlich den in den Kanzleien tätigen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten im Back-Office zu. Für die Rechtsanwaltskanzleien ist dies sinnvoll, um kurzfristig erhöhten Bedarf an juristischem Fachpersonal (z.B. bei Massenverfahren) decken zu können. Für den Projektjuristen kann dies aber problematisch sein – zumindest dann, wenn die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft angestrebt. Denn nach einem Urteil des AGH Nordrhein-Westfalen steht die Tätigkeit im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung als Projektjurist einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft entgegen, wenn dabei auch ein Auftreten nach außen für die entleihende Kanzlei beabsichtigt ist.
In dem konkreten Fall wollte der Projektjurist seinen Kanzleisitz bei einem Kollegen einrichten, aber gleichwohl für die entleihende Kanzlei in deren Namen nach außen als Rechtsanwalt auftreten, um u.a. Gerichtstermine für deren Mandanten wahrzunehmen. Der Projektjurist sollte gerade nicht untermandatiert oder unter eigenem Briefkopf auftreten, sondern unter dem Briefkopf der entleihenden Kanzlei. Eine von der zuständigen Rechtsanwaltskammer geforderte Erklärung der entleihenden Kanzlei, dass der Projektjurist nicht nach außen als Rechtsanwalt für die Kanzlei auftrete und lediglich im Back Office tätig sein werde, konnte der Projektjurist im Antragsverfahren nicht vorlegen. Daraufhin lehnte die Rechtsanwaltskammer die Zulassung des Projektjuristen ab.
Im darauf folgenden Klageverfahren bestätigte der AGH die Auffassung der Rechtsanwaltskammer. Letztere habe vorliegend zu Recht einen Versagungsgrund wegen unvereinbarer Tätigkeit (§ 7 Nr. 8 BRAO) angenommen. Denn der § 46 BRAO regele die zulässigen Anstellungsformen von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten abschließend. Dies sei zum einen der bei einem anwaltlichen Arbeitgeber angestellte Rechtsanwalt nach § 46 Abs. 1 BRAO und zum anderen der Syndikusrechtsanwalt nach § 46 Abs. 2 BRAO. Die vorliegende Konstellation passe unter keine dieser Alternativen. Die entleihende Kanzlei sei vertraglich nicht der Arbeitgeber, weshalb der § 46 Abs. 1 BRAO ausscheide. In dem verleihenden Unternehmen hingegen wird der Projektjurist nicht anwaltlich tätig, weshalb dies auch kein Fall des § 46 Abs. 2 BRAO sei. Allenfalls eine Selbstverpflichtung der entleihenden Kanzlei, nach der sich die Tätigkeit des Projektjuristen auf eine solche im Back-Office beschränke, hätte den Versagungsgrund für die Zulassung beseitigen können. Jedoch sei es aber gerade beabsichtigt gewesen, den Projektjuristen in der entleihenden Kanzlei wie ein dort unmittelbar angestellter Rechtsanwalt zu beschäftigen.
Der Vorstand der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer hat sich auf seiner Sitzung vom 1.12.2021 mit diesem Sachverhalt befasst und schließt sich ausdrücklich der Auffassung des AGH an. Dies gilt insbesondere für die Feststellung, dass der Projektjurist nicht als Syndikusrechtsanwalt beim verleihendem Unternehmen zugelassen werden kann.
AGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.1.2021 – 1 AGH 10/20