Geldwäschegesetz: Weiß ich wirklich, wer mein Mandant ist?
"Know your client!" (KYC) - Eine der wichtigsten Präventionspflichten nach dem Geldwäschegesetz
Die Geldwäscheprävention ist für alle Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ein Thema. Sie schützt uns davor, sich nicht leichtfertig selbst der Geldwäsche nach § 261 StGB strafbar zu machen und sich auch nicht unwissentlich als Werkzeug für solche benutzen zu lassen. Sie schützt die deutsche Wirtschaft davor, dass Milliarden von Euro an schmutzigen Geldern aus hinterzogenen Steuern und anderen schweren Straftaten organisierter Kriminalität (z.B. illegaler Menschenhandel, Drogenhandel, illegaler Wildtierhandel, illegaler Bergbau) in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf gelangen. Alleine in Deutschland sollen so im letzten Jahr 1,25 Milliarden € an Steuern hinterzogen worden sein (BT-Drs. 19/31171, S. 5), EU-weit sollen es nach einer Studie des britischen Professors Richard Murphy sogar 825 Milliarden € jährlich sein. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte stehen dabei immer besonders im Fokus der Öffentlichkeit. Nach dem Ergebnis der Ersten Nationalen Risikoanalyse des Bundesministeriums der Finanzen vom 19.10.2019 (dort S. 103 f.) liegt bei Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten ein potentiell hohes Geldwäscherisiko vor, auch unwissentlich für Geldwäsche missbraucht zu werden. Wegen ihres Spezialwissens in bestimmten Branchen, ihrem Zugang zu bestimmten Finanztransaktionen und vor allem wegen ihrer Pflicht zur Verschwiegenheit sind sie grundsätzlich attraktiv für Geldwäscher.
Bin ich Verpflichteter nach dem GwG?
Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte nicht nur prüfen, ob der Straftatbestand des § 261 StGB erfüllt ist, sondern dass sie auch ihre präventiven Pflichten nach dem Geldwäschegesetz (GwG) erfüllen, wenn Sie Verpflichtete sind. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind dabei nicht per se Verpflichtete, sondern nur dann, wenn sie an sogenannten Kataloggeschäften- und Katalogtätigkeiten i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG "mitwirken", denen grundsätzlich schon ein erhöhtes Geldwäscherisiko innewohnt. Zur Prüfung, wann das der Fall ist, empfehlen wir einen Blick in die Auslegungs- und Anwendungshinweise zum GwG (zu finden unter www.rak-hamburg.de/mitglieder/geldwaeschegesetz/) sowie auf einen Artikel von unserem für die Geldwäscheaufsicht in der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer zuständigen Referenten, Herrn Rechtsanwalt Christian Bluhm (zu finden im BRAK-Magazin Nr. 6/2021, S. 14), der einen Überblick über die am häufigsten vorkommenden Fälle gibt.
Weiß ich wirklich, wer mein Mandant ist?
Eine der zentralen Pflichten nach dem GwG ist die Identifikation des Mandanten und die Überprüfung der von ihm erhobenen Angaben (§§ 11-13 GwG) bei Mandatsannahme („vor Begründung der Geschäftsbeziehung“ oder spätestens „unverzüglich während der Begründung“ dieser, § 11 Abs. 1 GwG), denn häufig beginnt die Verschleierung, die typisch für Geldwäsche ist, schon mit der Identität der handelnden Personen oder Firmen. Aus diesem Grund schreibt das GwG vor, dass nicht nur der Mandant zu identifizieren ist (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 GwG), sondern auch die für ihn auftretenden Personen und bei juristischen Personen auch die wirtschaftlich Berechtigten (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 GwG). Bei dieser Gelegenheit sollen Verpflichtete dann auch mit risikoangemessenen Mitteln prüfen, ob der Mandant oder auftretende Personen aus Hochrisikoländern kommen, die nicht die Mindeststandards der Financial Action Task Force für die Geldwäschebekämpfung erfüllen, oder ob diese politisch exponierte Personen, Familienangehörige oder bekanntermaßen nahestehende Personen solcher sind (§ 10 Abs. 2, 15 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 GwG). Sollte dies der Fall sein, müssen im Rahmen der Erfüllung verstärkter Sorgfaltspflichten u.a. zusätzliche Informationen über den Mandanten, den wirtschaftlich Berechtigten oder die auftretende Person eingeholt werden (§ 15 Abs. 5 Nr. 1 GwG).
Bei der Identifikation von natürlichen Personen sind dabei nicht nur die Mindestangaben nach § 11 Abs. 4 Nr. 1 GwG zu erheben (Vorname und Nachname, Geburtsort und -datum, Staatsangehörigkeit und Wohnsitz) und gemäß § 8 GwG zu dokumentieren, sondern auch gemäß §§ 12, 13 GwG mit angemessenen Mitteln zu überprüfen. Die Überprüfung der erhobenen Angaben erfolgt dabei in der Regel durch Vorlage eines Lichtbildausweises (Personalausweis, EU-Führerschein, Reisepass und vergleichbare Dokumente) und eine haptische Prüfung dessen sowie Anfertigung einer Kopie für die Geldwäscheprüfungsunterlagen (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 GwG) oder mittels eines sonstigen Verfahrens, das zur geldwäscherechtliche Überprüfung der Identität geeignet ist und ein Sicherheitsniveau aufweist, dass der Vorlage der Ausweises vor Ort gleichwertig ist (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 GwG).
Wie kann ich meinen Mandanten identifizieren, wenn ich keinen persönlichen Kontakt mit ihm habe? Die Zusendung einer Kopie des Personalausweises per Mail reicht nicht aus!
Eine Frage, die sich in Pandemiezeiten sicher häufiger gestellt hat. Ein hier weit verbreiteter Irrtum ist dabei, dass es ausreicht, sich den eingescannten Personalausweis per Mail zuschicken zu lassen. Schon der Bundesgerichtshof stellte zuletzt fest, dass dies nicht ausreicht, um die GwG-Pflichten zu erfüllen (BGH, Urteil vom 20.4.2021 - Az. IX ZR 511/19, WM 2021, Heft 20, 978). Eine Inaugenscheinnahme und haptische Prüfung eines vor Ort vorgelegten Dokuments ist so nicht möglich. Auch die Übersendung einer notariell beglaubigten Ablichtung des Personalausweises sei nicht ausreichend, wenn der Mandant nicht zusätzlich direkt vor einem steht. So verweist der BGH auf die Möglichkeit des Videoidentifizierungsverfahrens, welches die BaFin in einem Rundschreiben vom 10.4.2017 ausführlich erörtert.
So sind - abgesehen von den sonstigen Identifizierungsmöglichkeiten nach § 12 Abs. 1 Nr. 2-5 GwG - auch weitere Alternativen denkbar, wenn sie ein vergleichbares Sicherheitsniveau i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 2 GwG wie bei einer visuellen und haptischen Prüfung des Dokuments vor Ort aufweisen (siehe hierzu auch die Antwort der Bundesregierung BT-Drs. 19/11443 vom 9.7.2019 auf die kleine schriftliche Anfrage der FDP). Zu denken wäre hier z.B. an ein Post-Ident- oder Bank-Ident-Verfahren, wenn die Voraussetzungen der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht bei der Inanspruchnahme von Dienstleistern nach Maßgabe des § 43e BRAO erfüllt werden.
Hierbei ist auch die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Nr. 2 GwG zu beachten, nach der im Rahmen der Anwendung vereinfachter Sorgfaltspflichten abweichend von §§ 12, 13 GwG die Überprüfung der im Rahmen der Identifizierung der erhobenen Angaben auf Grundlage von sonstigen Dokumenten, Daten oder Informationen durchgeführt werden könnte, die von einer glaubwürdigen und unabhängigen Quelle stammen und für die Überprüfung geeignet sind. Auch die Durchführung der Identifizierung durch Dritte (z.B. externe Dienstleister) unter den Voraussetzungen des § 17 GwG ist möglich.
Bei der Identifikation von juristischen Personen oder Personengesellschaften sind gem. § 11 Abs. 4 Nr. 2 GwG folgende Angaben zu erheben: Firma, Name oder Bezeichnung, Rechtsform, Registernummer, falls vorhanden, Anschrift des Sitzes oder der Hauptniederlassung und die Namen der Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Namen der gesetzlichen Vertreter. Die Identität wird gemäß § 12 Abs. 2 GwG dabei überprüft durch z.B. Einholung eines Handels- oder Genossenschaftsregisterauszugs oder aus einem vergleichbaren Register- oder Verzeichnisauszug oder anhand von Gründungs- oder gleichwertigen Dokumenten (wie z.B. Gesellschaftsverträge, etc.) oder – falls es bei ausländischen Gesellschaften kein öffentliches Register gibt – durch ein anderes beweiskräftiges Dokument (zum Beispiel Gründungsurkunde oder Bestätigung durch einen lokalen Anwalt oder Notar).
Für die Identifikation von wirtschaftlich Berechtigten (einer juristischen Person) gelten seit dem 1.8.2021 neue gesetzliche Regeln: Die Identifikation erfolgt zunächst durch Einholung eines Transparenzregisterauszugs bei der registerführenden Stelle, dem Bundesanzeiger Verlag (www.transparenzregister.de). Der Verpflichtete hat gemäß § 11 Abs. 5 GwG mindestens den Vor- und Nachnamen zu erheben (weitere Angaben sind/können nach § 11 Abs. 5 GwG risikoangemessen erhoben werden). Er darf sich hierbei nicht mehr nur auf die Angaben im Transparenzregister verlassen, sondern muss sich durch risikoangemessene Maßnahmen vergewissern, dass die Angaben zutreffend sind (§ 12 Abs. 3 Satz 1 GwG). Das kann z.B. die Einsichtnahme in das Handelsregister oder in andere öffentliche Register, die Anforderung zweckdienlicher Dokumente oder Daten beim Mandanten und deren Überprüfung, Internetrecherchen in verlässlichen Quellen oder der Zugriff auf einschlägige Datenbanken, etc. sein. Bei der Begründung einer neuen Mandatsbeziehung mit einer Vereinigung nach § 20 GwG (alle juristischen Personen des Privatrechts und eingetragene Personengesellschaften) oder einer Rechtsgestaltung nach § 21 GwG muss der Verpflichtete nunmehr zwingend einen Nachweis der Registrierung zum Transparenzregister oder einen Auszug der im Transparenzregister zugänglichen Daten nach Maßgabe der §§ 20 Abs. 1, 21 GwG einholen.
Zu den zentralen Pflichten nach dem GwG gehört es also zu wissen, wer Mandant ist, welche Personen dahinter stehen und wer die Personen sind, die für den Mandanten auftreten. Hier müssen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Ihre Pflichten nach dem GwG sorgfältig erfüllen, anderenfalls können erhebliche Bußgelder nach § 56 GwG drohen, die sich einfach vermeiden lassen.