HANSEATISCHE RECHTSANWALTSKAMMER HAMBURG
Ausgabe 4/2025 vom 4. September 2025

BGH: Vermutung einer unangemessen hohen Honorarforderung

Überschreitet ein anwaltliches Honorar die gesetzlichen Gebühren um mehr als das Fünffache, spricht nach Auffassung des BGH auch in Zivilsachen eine tatsächliche Vermutung für dessen Unangemessenheit.

Der Bundesgerichtshof hatte über die Wirksamkeit und Angemessenheit einer Vergütungsvereinbarung zu entscheiden, die ein auf Baurecht spezialisierter Rechtsanwalt mit einem privaten Bauherrn geschlossen hatte. Die Parteien vereinbarten ein Zeithonorar von 250 € pro Stunde zuzüglich Umsatzsteuer, mindestens jedoch die gesetzlichen Gebühren. Der Anwalt vertrat den Mandanten in mehreren Verfahren im Zusammenhang mit dem Neubau eines Einfamilienhauses. Für verschiedene Mandate stellte er insgesamt über 130.000 € in Rechnung, wovon ein erheblicher Teil unbezahlt blieb. Das OLG Köln reduzierte die Vergütung auf einen Pauschalbetrag von 100.000 € und stützte sich dabei auf die Annahme, dass das vereinbarte Honorar die gesetzlichen Gebühren um mehr als das Fünffache übersteige.

Der BGH hob diese Entscheidung auf. Er stellte klar, dass die tatsächliche Vermutung für die Unangemessenheit einer Vergütung nach § 3a Abs. 3 RVG greife, wenn das vereinbarte Honorar die gesetzlichen Gebühren um mehr als das Fünffache übersteigt – und zwar auch bei Zeithonoraren in zivilrechtlichen Streitigkeiten. Maßgeblich sei im vorliegenden Fall jedoch eine mandatsbezogene Betrachtung: Da mehrere selbständige Aufträge vorlägen, sei für jedes Mandat gesondert zu prüfen, ob die Schwelle überschritten werde. Im konkreten Fall läge das Verhältnis bei den beiden Hauptmandaten unter dem Faktor fünf (4,96 bzw. 4,37), sodass die Vermutung nicht greife. Damit trage der Mandant die Darlegungs- und Beweislast für die Unangemessenheit. Zugleich betonte der Senat, dass eine Herabsetzung nicht durch pauschale Kappung erfolgen dürfe. Bei einem vereinbarten Zeithonorar sei vielmehr die Zahl der abrechenbaren Stunden oder der Stundensatz anzupassen, nicht aber das Vergütungsmodell in ein Pauschalhonorar umzugestalten. Schließlich bestätigte der BGH, dass
der vereinbarte Stundensatz von 250 € vorliegend nicht zu beanstanden sei.

Das Verfahren wurde an das OLG zurückverwiesen, das nun die Angemessenheit des geltend gemachten Zeitaufwands für jedes Mandat gesondert prüfen und gegebenenfalls eine Herabsetzung unter Wahrung des vereinbarten Vergütungsmodells vornehmen muss.

BGH, Urteil vom 8.5.2025 – IX ZR 90/23