HANSEATISCHE RECHTSANWALTSKAMMER HAMBURG
Ausgabe 4/2025 vom 4. September 2025

BGH: Notwendige Vorkehrungen des Rechtsanwaltes für unvorhergesehenen Ausfall

Der Bundesgerichtshof hat die Anforderungen an die Fristenorganisation und Vorkehrungen eines Rechtsanwalts bei einem unvorhergesehenen Ausfall präzisiert. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte müssten nicht nur den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist im Blick behalten, sondern auch eine ausreichend bemessene Vorfrist zur Bearbeitung und Übermittlung der Begründung notieren.

Im zugrundeliegenden Fall legte die unterlegene Beklagte fristgerecht Berufung ein und erhielt eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12.7.2024. Die Berufungsbegründung wurde jedoch erst am 24.7. eingereicht. Der Prozessbevollmächtigter der Beklagten, ein Einzelanwalt ohne Personal, war am 10.7. unerwartet erkrankt und konnte nach eigenen Angaben erst am 17.7. wieder arbeiten. Er hatte zwar Vertretungsvereinbarungen mit zwei Kolleginnen getroffen, konnte diese aber zunächst nicht erreichen und unternahm auch keine weiteren Kommunikationsversuche wie etwa das Hinterlassen einer Nachricht oder die Nutzung alternativer Kontaktwege. Zudem hatte er keine Vorfrist zur Bearbeitung der Berufungsbegründung notiert. Das Oberlandesgericht Köln lehnte daher den Wiedereinsetzungsantrag ab und verwarf die Berufung als unzulässig.

Der BGH bestätigte diese Entscheidung und stellte klar: Auch bei unvorhergesehenem Ausfall – etwa durch plötzliche Krankheit – müsse ein Rechtsanwalt alle ihm noch möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Fristwahrung ergreifen. Dazu zähle insbesondere die rechtzeitige und effektive Kontaktaufnahme mit Vertretungskollegen, um diese unverzüglich über die Dringlichkeit eines Fristverlängerungsantrags zu informieren. Der bloße Versuch eines Anrufs ohne Nachricht genüge nicht. Zudem sei die fehlende Notierung einer Vorfrist zur Berufungsbegründung von grundsätzlich etwa einer Woche ein weiteres Verschulden. Die Vorfrist diene der rechtzeitigen Vorbereitung und müsse bei Rechtsmittelbegründungen grundsätzlich eingetragen werden.

Fehlt ein entsprechender Vortrag im Wiedereinsetzungsantrag, dürfe das Gericht davon ausgehen, dass keine organisatorischen Vorkehrungen getroffen wurden. Das Berufungsgericht musste auch keinen weiteren Hinweis auf ergänzungsbedürftigen Vortrag erteilen, da die maßgeblichen Anforderungen jedem Rechtsanwalt bekannt sein müssen. Die Rechtsbeschwerde blieb daher ohne Erfolg.

BGH, Beschluss vom 24.4.2025 – III ZB 81/24