HANSEATISCHE RECHTSANWALTSKAMMER HAMBURG
Ausgabe 3/2025 vom 5. Juni 2025

FG Hamburg: Fahrtenbuch und anwaltliche Verschwiegenheitspflicht

Die in § 43a Abs. 2 BRAO normierte Verschwiegenheitspflicht eines Rechtsanwalts erstreckt sich auch auf die Identität des Mandanten und die Tatsache seiner Beratung.

Berufsgeheimnisträger können bei der Vorlage eines Fahrtenbuchs nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG Schwärzungen vornehmen, soweit diese Schwärzungen erforderlich sind, um die Identitäten von Mandanten zu schützen.

Die Berechtigung, einzelne Eintragungen im Fahrtenbuch zu schwärzen, ändert nichts an der grundsätzlichen Beweislastverteilung; gegebenenfalls muss der Berufsträger substantiiert und nachvollziehbar darlegen, weshalb Schwärzungen in dem erfolgten Umfang erforderlich waren, und die berufliche Veranlassung der Fahrten durch ergänzende Angaben darlegen.

(Amtliche Leitsätze)


Das Finanzgericht Hamburg hatte sich mit den Anforderungen an das Fahrtenbuch eines Rechtsanwalts und der Frage zu beschäftigen, inwiefern dieses im Hinblick auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht geschwärzt werden darf.

Ein Rechtsanwalt hatte in seinem Fahrtenbuch bei allen beruflich veranlassten Fahrten die Angaben in den Spalten „Fahrtstrecke” und „Grund der Fahrt/besuchte Personen” geschwärzt. Der Anteil der Privatfahrten betrug lediglich 6,25%, obwohl zahlreiche der als beruflich eingetragenen Fahrten an Wochenenden stattgefunden hatten.

Zur Rechtfertigung der geschwärzten Stellen berief sich der Rechtsanwalt auf seine anwaltliche Verschwiegenheitspflicht (§ 43a Abs. 2 BRAO und § 203 StGB). Das Finanzamt erkannte das Fahrtenbuch in dieser Form nicht an und setzte den Wert der privaten Pkw-Nutzung nach der pauschalen 1%-Methode fest. Unter anderem hiergegen richtete sich die Klage des Rechtsanwalts.

Das Finanzgericht Hamburg entschied, den Wert der privaten Pkw-Nutzung vorliegend nach der 1%-Methode (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG) zu ermitteln, da der Rechtsanwalt das Verhältnis der privaten Fahrten zu den übrigen Fahrten nicht durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen habe. Dazu hätten die Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein müssen. Die Aufzeichnungen müssten daher zu den geschäftlichen Reisen Angaben enthalten, anhand derer sich die berufliche Veranlassung der Fahrten plausibel nachvollziehen und gegebenenfalls auch nachprüfen lässt. In dem Fahrtenbuch seien neben dem Datum und den Fahrtzielen grundsätzlich auch die jeweils aufgesuchten Geschäftspartner oder – wenn solche nicht vorhanden sind – der konkrete Gegenstand der beruflichen Verrichtung aufzuführen.

Dies könne bei Berufsgeheimnisträgern mit deren Verschwiegenheitspflicht kollidieren, wenn Berufsgeheimnisträger Daten in das Fahrtenbuch eintragen müssen, die der Verschwiegenheitspflicht unterfallen. Aber auch Berufsgeheimnisträgern müsse es grundsätzlich möglich sein, den Umfang der beruflichen Kraftfahrzeugnutzung durch Vorlage eines Fahrtenbuchs nachzuweisen. Sie seien daher berechtigt, bei der Vorlage eines Fahrtenbuchs Schwärzungen vorzunehmen, soweit diese Schwärzungen erforderlich sind, um die Identitäten von Mandanten zu schützen.

Die Schwärzungen müssten jedoch auf das erforderliche Maß beschränkt bleiben und dürften sich nicht auf Daten erstrecken, die nicht der Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Schwärzungen dürften daher nur bei solchen Daten vorgenommen werden, die Rückschlüsse auf die Identitäten von Mandanten zulassen. Ortsnamen dürften grundsätzlich nicht geschwärzt werden. Keine Schwärzungen dürften ferner vorgenommen werden bei Fahrten in die eigene Kanzlei oder Fahrten zu Behörden, wenn zu diesen kein Mandatsverhältnis besteht. Bei Gerichtsterminen unterläge die Bezeichnung des Gerichts ebenfalls nicht der Verschwiegenheitspflicht. Keine Schwärzungen dürften ferner vorgenommen werden, wenn der betroffene Mandant auf die Geheimhaltung seiner Identität verzichtet hat.

Wenn ein Berufsgeheimnisträger nach den oben dargelegten Grundsätzen berechtigt ist, einzelne Eintragungen in seinem Fahrtenbuch zu schwärzen, ändere dies nichts an der grundsätzlichen Beweislastverteilung. Lediglich die Anforderungen an die Überprüfbarkeit des Fahrtenbuchs könnten in Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalls herabgesetzt werden. Es bleibe jedoch dabei, dass sich das Gericht die volle Überzeugung verschaffen muss, dass das Fahrtenbuch vollständig und richtig ist. Gegebenenfalls müsse der Berufsträger substantiiert und nachvollziehbar darlegen, weshalb Schwärzungen in dem erfolgten Umfang erforderlich waren, und die berufliche Veranlassung der betroffenen Fahrten durch ergänzende Angaben darlegen.

FG Hamburg, Urteil vom 13.11.2024 – 3 K 111/21