HANSEATISCHE RECHTSANWALTSKAMMER HAMBURG
Ausgabe 2/2025 vom 14. März 2025

III. Tätigkeit des Vorstands im Berichtsjahr

10. Kanzleivertretungen/Kanzleiabwicklungen

Zu den Aufgaben der Rechtsanwaltskammer gehört auch die amtliche Bestellung von Kanzleivertreter/innen oder Kanzleiabwickler/innen. Der Bedarf für eine amtliche Kanzleivertretung kann sich z. B. bei plötzlicher schwerer Erkrankung eines Mitglieds ergeben oder wenn gegen das Mitglied ein Berufs- oder Vertretungsverbot verhängt wurde (§ 53 Abs. 4 BRAO bzw. § 161 Abs. 1 BRAO). Verliert ein Mitglied hingegen die Zulassung oder verstirbt es und hinterlässt laufende Mandate, kann die Bestellung eines Abwicklers durch die Kammer erforderlich werden, der die laufenden Verfahren zum Schutz der Mandanten zu Ende führt.

Solche Vertretungs- und Abwicklungsverfahren sind aufwändig. Die Kammer wählt eine geeignete Kanzleivertretung bzw. eine/n Abwickler/in aus und steht mit dieser/diesem während der gesamten Dauer der Vertretung bzw. Abwicklung in engem Kontakt.

Im Geschäftsjahr 2024 ist von der Hansetischen Rechtsanwaltskammer in einem Fall ein Kanzleivertreter amtlich bestellt worden. In 8 Fällen war es erforderlich, Kanzleiabwickler/innen amtlich zu bestellen. 16 Kanzleiabwicklungen wurden aus dem Jahr 2023 übernommen. Von den insgesamt 24 Abwicklungen konnten 13 in 2024 beendet werden; 11 Abwicklungen dauern noch an.

Die Vergütung für diese Vertretungs- bzw. Abwicklungstätigkeit hat zwar das (ausgeschiedene) Mitglied bzw. dessen Erben zu zahlen, aber die Kammer haftet für die festgesetzte Vergütung wie ein Bürge. Diese bürgengleiche Haftung ist in zunehmendem Maße ein erheblicher und nicht planbarer Kostenfaktor im Haushalt der Kammern, zum einen weil die Abwicklung von „Chaos-Kanzleien“ vermögensloser Inhaber zunimmt, zum anderen wegen der erhöhten Gefahr von Abwicklungen vermögensloser Berufsausübungsgesellschaften seit der am 1.8.2022 in Kraft getretenen Gesetzesänderung der BRAO, weil für sämtliche nun zur Rechtsanwaltschaft zugelassenen Berufsausübungsgesellschaften bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen nach § 59h Abs. 6 Satz 1 BRAO ein Abwickler zu bestellen ist.

Im Jahr 2024 waren die Ausgaben für Abwicklungen bei der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer trotzdem erfreulicherweise gering und betrugen nur rund 14.000 €. Die Kammer konnte in zwei Altfällen sogar erfolgreich Regressforderungen in Höhe von insgesamt rund 60.000 € geltend machen.

Die Hanseatische Rechtsanwaltskammer hat die erhöhte und nicht kalkulierbare Gefahr von Kosten durch Kanzleiabwicklungen zusammen mit anderen Rechtsanwaltskammern zum Anlass genommen, auf eine Reform des gesetzlichen Instituts der Abwicklung hinzuwirken. Dabei hat der Ausschuss Abwickler/Vertreter der BRAK unter Mitwirkung der in den Ausschuss berufenen Hamburger Kammergeschäftsführerin Dr. Kenter im Auftrag der BRAK-Hauptversammlung einen Reformvorschlag erarbeitet, der mit großer Mehrheit von der BRAK-Hauptversammlung angenommen und in deren Auftrag dem BMJ unterbreitet wurde. Der Ausschuss Abwickler/Vertreter steht mit dem zuständigen Ministerium diesbezüglich im Austausch.