HANSEATISCHE RECHTSANWALTSKAMMER HAMBURG
Ausgabe 1/2025 vom 6. Februar 2025

BAG: Syndikusrechtsanwälte in Verband können beA oder eBO nutzen

Syndikusrechtsanwälte, die für einen Verband (…) Rechtsdienstleistungen gegenüber Verbandsmitgliedern erbringen, können sowohl das eigene besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) als auch das elektronische Bürger- und Organisationenpostfach (eBO) des Verbands als sicheren Übermittlungsweg nutzen.
(Amtlicher Leitsatz)

Eine Verbandssyndikusrechtsanwältin widerrief ohne qualifizierte elektronische Signatur (qeS) einen gerichtlichen Vergleich über das eBO des Arbeitgeberverbandes. Der Schriftsatz schloss mit der maschinenschriftlichen Wiedergabe des Namens der Syndikusrechtsanwältin ab. Als Absender wies der Authentizitäts- und Integrationsnachweis den Arbeitgeberverband aus. Eine qualifizierte elektronische Signatur ergibt sich aus diesem Nachweis nicht.

Die Gegenseite hielt den Widerruf für unwirksam, da er ohne qeS übersendet wurde. Nach ihrer Auffassung könne ein einfach signiertes elektronisches Dokument nicht wirksam von einer Verbandssyndikusrechtsanwältin aus dem eBO des Arbeitgeberverbands übermittelt werden, sondern müsse aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) versandt werden.

Dieser Auffassung der Gegenseite konnte sich das BAG nicht anschließen. Vielmehr sei der Widerruf wirksam als elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht worden. Der Schriftsatz, mit dem der Vergleich widerrufen wurde, sei von der verantwortenden Verbandssyndikusrechtsanwältin (einfach) signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden (§ 46c Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ArbGG). Für den sicheren Übermittlungsweg habe sie sowohl das beA als auch das eBO nutzen können.

Aus § 46c Abs. 4 ArbGG ergäbe sich kein Rangverhältnis zwischen den unterschiedlichen sicheren Übermittlungswegen. Auch stünde dem nicht entgegen, dass es sich bei der Übersendung aus dem eBO um einen sog. nicht-personenbezogenen sicheren Übermittlungsweg handelt. Die damit verbundene Unmöglichkeit der zweifelsfreien Zuordnung einer versandten Nachricht zu einer handelnden Person sei grundsätzlich hinzunehmen.

Verbandssyndikusrechtsanwälte seien auch nicht gehalten, ausschließlich ihr personenbezogenes beA als sicheren Übermittlungsweg zu nutzen. Zwar sei ein Syndikusrechtsanwalt, der für einen Verband erlaubte Rechtsdienstleistungen gegenüber Verbandsmitgliedern erbringt, nach § 46g Satz 1 ArbGG zur aktiven Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs verpflichtet. Jedoch ergäbe sich daraus nicht, dass eine formgerechte Übermittlung im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs zwingend eine Nutzung des beA voraussetzt. § 46g Satz 1 ArbGG besage lediglich, dass vorbereitende Schriftsätze als elektronisches Dokument zu übermitteln sind. Eine Pflicht zur aktiven Nutzung des beA ergäbe sich daraus nicht. Vielmehr eröffne § 46c Abs. 4 ArbGG mehrere alternative sichere Übermittlungswege. Aus § 31a Abs. 1 i.V.m. § 46c Abs. 5 BRAO folge lediglich, dass ein Syndikusrechtsanwalt über ein beA verfügen muss. Daraus ergäbe sich jedoch nicht, dass ausschließlich auf diesem Wege eine wirksame Übermittlung elektronischer Dokumente möglich ist.

BAG, Beschluss vom 19.12.2024 – 8 AZB 22/24