HANSEATISCHE RECHTSANWALTSKAMMER HAMBURG
Ausgabe 1/2025 vom 6. Februar 2025

Konvention zum Schutz der Anwaltschaft

(Council of Europe Convention for the Protection of the Profession of Lawyer)

Voraussichtlich bereits Ende Februar 2025 wird das Ministerkomitee des Europarats dem kürzlich veröffentlichen Text der Konvention zum Schutz der Anwaltschaft (vgl. CM(2024)191-add1rev) zustimmen; die Unterzeichnung des Textes durch Staatenvertreter soll sodann Mitte Mai 2025 in Luxemburg stattfinden. Geltung erlangen wird die Konvention weltweit in allen Ländern, die sie ratifizieren, vorausgesetzt sie wird von mindestens acht Ländern ratifiziert. Vorausgegangen waren mehrjährige Verhandlungen, in denen sich die Anwaltschaft insbesondere über den CCBE und die BRAK stark engagiert hat (vgl. Europarat: Konvention zum Schutz der Anwaltschaft kurz vor Finalisierung | Bundesrechtsanwaltskammer).

Wesentliche Motivation, über eine solche Konvention nachzudenken, war die Erkenntnis, dass in vielen Ländern zentrale rechtsstaatliche Errungenschaften zunehmend abgebaut und Anwälte dabei in vielen Fällen an ihrer Arbeit gehindert oder sogar in ihrer Existenz bedroht werden. Ein besonders prominentes Beispiel ist die Türkei, in der viele Anwälte allein für die Ausübung ihres Berufes strafrechtlich verfolgt werden, weil sie politisch unliebsame Personen vor Gericht verteidigen (vgl. Türkei: Massenverfolgung von Rechtsanwälten | Human Rights Watch). Der Pegasus-Skandal hat deutlich gemacht, dass Anwalte auch in Ländern der EU Zielscheibe illegaler staatlicher Maßnahmen sind (Pegasus: Niemand stutzt dem Überwachungspferd die Flügel).

Es bleibt abzuwarten, ob die Konvention zum Schutz der Anwaltschaft auch von Staaten ratifiziert werden wird, in denen Rechtsanwälte besonders gefährdet sind. Aber auch in Ländern mit einem insgesamt akzeptablem Rechtsstaatsniveau könnte die Konvention positive Auswirkungen haben, so auch in Deutschland. Hier wäre insbesondere eine Stärkung des anwaltlichen Berufsgeheimnisses nicht unwahrscheinlich (vgl. insbesondere Artikel 6 Ziffer 3 und Artikel 9 Ziffern 1 und 2 der Konvention). Wie die kürzlich ergangene Entscheidung des EGMR in Sachen Kock/Jones Day (Vertraulichkeitsschutz für Rechtsanwälte nach "Jones Day" - Anwaltsblatt) deutlich macht, besteht hier ein erhebliches Regelungsdefizit, das auch nicht durch das Grundgesetz oder die Europäische Menschrechtskonvention geheilt wird.

Auch ein stärkerer Schutz von Rechtsanwälten vor "Hexenjagden", die leider an Häufigkeit und Intensität zunehmen, wie zuletzt gegen eine Anwältin in Solingen (PM 39/24: Solingen: Angriffe auf Anwältin nicht hinnehmbar! - Deutscher Anwaltverein), könnte sich aus der Konvention ergeben (vgl. Artikel Ziffer 1a und Ziffer 5 der Konvention). Der CCBE und die BRAK haben hierzu gerade eine europaweite Umfrage durchgeführt, deren beunruhigende Ergebnisse inzwischen veröffentlicht wurden (Europaweite Studie: Anwältinnen und Anwälte häufig wegen ihres Berufs bedroht | Bundesrechtsanwaltskammer).

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Konvention zum Schutz der Anwaltschaft zur rechten Zeit kommt und Anwälte in aller Welt sich dafür einsetzen sollten, dass sie von möglichst vielen Ländern ratifiziert wird.

Dr. Sebastian Cording
Mitglied des Vorstandes der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer