BGH: Wirksamkeit von Zeithonorarvereinbarungen
Der BGH hat sich mit der Wirksamkeit von Zeithonorarvereinbarungen befasst: Nach Auffassung des BGH ist eine formularmäßig getroffene anwaltliche Zeithonorarabrede auch im Rechtsverkehr mit Verbrauchern nicht allein deshalb unwirksam, weil der Rechtsanwalt weder dem Mandanten vor Vertragsschluss zur Abschätzung der Größenordnung der Gesamtvergütung geeignete Informationen erteilt noch sich dazu verpflichtet hat, ihm während des laufenden Mandats in angemessenen Zeitabständen Zwischenrechnungen zu erteilen oder Aufstellungen zu übermitteln, welche die bis dahin aufgewandte Bearbeitungszeit ausweisen.
Ist eine formularmäßig getroffene anwaltliche Vergütungsvereinbarung aus AGB-rechtlichen Gründen insgesamt unwirksam, richten sich – so der BGH – die Honoraransprüche des Rechtsanwalts nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG). In dem zugrundeliegenden Fall hatten die Parteien in einer erb- und familienrechtlichen Auseinandersetzung für verschiedene Mandate jeweils eine vom Rechtsanwalt vorformulierte Vergütungsvereinbarung geschlossen, die neben einem vereinbarten Stundensatz Bestimmungen zur Erhöhungen des Stundensatzes, zur Auslagenpauschale, zur Einigungs- und zur Befriedungsgebühr sowie Streit- und Anerkennungsklauseln beinhaltete. Der Rechtsanwalt klagte auf Zahlung seiner Vergütung. Der Mandant forderte die Rückerstattung des gezahlten Honorars, weil die Vergütungsvereinbarungen unwirksam seien.
Das Urteil ist insbesondere deshalb so bedeutend, da der EuGH in seinem Urteil vom 12.1.2023 – C-395-21 strenge Anforderungen an die Transparenz von Zeitaufwandsklauseln gestellt hatte. So hatte der EuGH entschieden, dass eine Zeitaufwandsklausel nicht den Transparenzvorgaben des Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (RL 93/13/EWG) genügt, wenn dem Verbraucher vor Vertragsschluss nicht die Informationen erteilt worden sind, die ihn in die Lage versetzt hätten, seine Entscheidung mit Bedacht und in voller Kenntnis der wirtschaftlichen Folgen des Vertragsschlusses zu treffen (Rn. 45 des EuGH-Urteils).
Nach dem BGH führt dies nach den Vorgaben des nationalen Rechts (§ 307 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Satz 2 BGB) nicht zur Unwirksamkeit formularmäßig getroffener Zeithonorarvereinbarungen von Rechtsanwälten. Eine unangemessene Benachteiligung des Mandanten und damit eine Unwirksamkeit der Zeithonorarklausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liege nicht allein deshalb vor, weil der Rechtsanwalt seinen Vertragspartner nicht durch entsprechende Informationen in die Lage versetzt, die Größenordnung der Gesamtkosten abzuschätzen, und sich nicht dazu verpflichtet, während des laufenden Mandats in angemessenen Abständen über den Kosten- und Zeitaufwand zu informieren. Dass eine solche Zeithonorarklausel gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB intransparent ist, genüge hierzu nicht (Rn. 29 des BGH-Urteils).
Letztlich sieht der BGH im Streitfall aber eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB aus dem Gesamtzusammenhang der einzelnen Klauseln. Damit führt die Unwirksamkeit der Klauseln zur Unwirksamkeit der Honorarvereinbarungen im Ganzen. Diese führt nach dem BGH aber nicht zur Unwirksamkeit der Anwaltsverträge insgesamt (§ 306 Abs. 1 BGB). Sie hat zur Folge, dass der Kläger für seine anwaltlichen Tätigkeiten jeweils die gesetzliche Vergütung nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes von der Beklagten verlangen kann (§ 1 Abs. 1 Satz 1 RVG, § 306 Abs. 2 BGB; Rn. 57 des BGH-Urteils).
Die Gebührenreferentinnen und -referenten der Rechtsanwaltskammern hatten sich bei ihrer 84. Tagung am 6.4.2024 in Stuttgart mit dem Urteil des EuGH vom 12.1.2023 – C-395/21 (BRAK-Mitt. 2023, 173 mit Anm. Kunze) befasst und Thesen zum aktuellen Stand der Entwicklungen und der nationalen Rechtsprechung in Bezug auf das EuGH-Urteil beschlossen (siehe auch BRAK-Nr. 119/2024 v. 19.4.2024). Hintergrund war, dass einige Rechtsschutzversicherungen Rechtsanwältinnen und -anwälte mit der Begründung, die geschlossenen Vergütungsvereinbarungen seien wegen des EuGH-Urteils unwirksam, in Regress nahmen. Die Thesen wurden im BRAK-Newsletter Nachrichten aus Berlin vom 02.05.2024 veröffentlicht.
BGH, Urteil vom 12.9.2024 - IX ZR 65/23
(Quelle: BRAK)
Ist eine formularmäßig getroffene anwaltliche Vergütungsvereinbarung aus AGB-rechtlichen Gründen insgesamt unwirksam, richten sich – so der BGH – die Honoraransprüche des Rechtsanwalts nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG). In dem zugrundeliegenden Fall hatten die Parteien in einer erb- und familienrechtlichen Auseinandersetzung für verschiedene Mandate jeweils eine vom Rechtsanwalt vorformulierte Vergütungsvereinbarung geschlossen, die neben einem vereinbarten Stundensatz Bestimmungen zur Erhöhungen des Stundensatzes, zur Auslagenpauschale, zur Einigungs- und zur Befriedungsgebühr sowie Streit- und Anerkennungsklauseln beinhaltete. Der Rechtsanwalt klagte auf Zahlung seiner Vergütung. Der Mandant forderte die Rückerstattung des gezahlten Honorars, weil die Vergütungsvereinbarungen unwirksam seien.
Das Urteil ist insbesondere deshalb so bedeutend, da der EuGH in seinem Urteil vom 12.1.2023 – C-395-21 strenge Anforderungen an die Transparenz von Zeitaufwandsklauseln gestellt hatte. So hatte der EuGH entschieden, dass eine Zeitaufwandsklausel nicht den Transparenzvorgaben des Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (RL 93/13/EWG) genügt, wenn dem Verbraucher vor Vertragsschluss nicht die Informationen erteilt worden sind, die ihn in die Lage versetzt hätten, seine Entscheidung mit Bedacht und in voller Kenntnis der wirtschaftlichen Folgen des Vertragsschlusses zu treffen (Rn. 45 des EuGH-Urteils).
Nach dem BGH führt dies nach den Vorgaben des nationalen Rechts (§ 307 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Satz 2 BGB) nicht zur Unwirksamkeit formularmäßig getroffener Zeithonorarvereinbarungen von Rechtsanwälten. Eine unangemessene Benachteiligung des Mandanten und damit eine Unwirksamkeit der Zeithonorarklausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liege nicht allein deshalb vor, weil der Rechtsanwalt seinen Vertragspartner nicht durch entsprechende Informationen in die Lage versetzt, die Größenordnung der Gesamtkosten abzuschätzen, und sich nicht dazu verpflichtet, während des laufenden Mandats in angemessenen Abständen über den Kosten- und Zeitaufwand zu informieren. Dass eine solche Zeithonorarklausel gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB intransparent ist, genüge hierzu nicht (Rn. 29 des BGH-Urteils).
Letztlich sieht der BGH im Streitfall aber eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB aus dem Gesamtzusammenhang der einzelnen Klauseln. Damit führt die Unwirksamkeit der Klauseln zur Unwirksamkeit der Honorarvereinbarungen im Ganzen. Diese führt nach dem BGH aber nicht zur Unwirksamkeit der Anwaltsverträge insgesamt (§ 306 Abs. 1 BGB). Sie hat zur Folge, dass der Kläger für seine anwaltlichen Tätigkeiten jeweils die gesetzliche Vergütung nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes von der Beklagten verlangen kann (§ 1 Abs. 1 Satz 1 RVG, § 306 Abs. 2 BGB; Rn. 57 des BGH-Urteils).
Die Gebührenreferentinnen und -referenten der Rechtsanwaltskammern hatten sich bei ihrer 84. Tagung am 6.4.2024 in Stuttgart mit dem Urteil des EuGH vom 12.1.2023 – C-395/21 (BRAK-Mitt. 2023, 173 mit Anm. Kunze) befasst und Thesen zum aktuellen Stand der Entwicklungen und der nationalen Rechtsprechung in Bezug auf das EuGH-Urteil beschlossen (siehe auch BRAK-Nr. 119/2024 v. 19.4.2024). Hintergrund war, dass einige Rechtsschutzversicherungen Rechtsanwältinnen und -anwälte mit der Begründung, die geschlossenen Vergütungsvereinbarungen seien wegen des EuGH-Urteils unwirksam, in Regress nahmen. Die Thesen wurden im BRAK-Newsletter Nachrichten aus Berlin vom 02.05.2024 veröffentlicht.
BGH, Urteil vom 12.9.2024 - IX ZR 65/23
(Quelle: BRAK)