HANSEATISCHE RECHTSANWALTSKAMMER HAMBURG
Ausgabe 5/2024 vom 5. Dezember 2024

BGH: Keine Zulassung eines GmbH-Geschäftsführer als Syndikusanwalt

Lange Zeit war umstritten, ob ein GmbH-Geschäftsführer als Syndikusrechtsanwalt zugelassen werden kann. Nunmehr hat der BGH entschieden, dass das Vertragsverhältnis als Geschäftsführer kein „Arbeitsverhältnis“ im Sinne des § 46 Abs. 2 BRAO ist und auch eine analoge Anwendung dieser Vorschrift nicht in Betracht kommt. Ein GmbH-Geschäftsführer könne daher nicht als Syndikusrechtsanwalt zugelassen werden.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH begründe der Geschäftsführervertrag ein auf die Geschäftsbesorgung durch Ausübung des Geschäftsführeramtes gerichtetes freies Dienstverhältnis. Ein derartiges Geschäftsführerdienstverhältnis sei kein Arbeitsverhältnis im Sinne von § 46 Abs. 2 und 3 BRAO. Der Gesetzgeber habe die Syndikuszulassung durch die in dieser Vorschrift normierte Zulassungsvoraussetzung eines Arbeitsverhältnisses bewusst auf Arbeitnehmer beschränken wollen.

Bereits aus dem Wortlaut des § 46 Abs. 2 BRAO lasse sich die Einbeziehung von Geschäftsführern, die im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses tätig sind, nicht herleiten. Die Begriffe „Arbeitgeber“ und „Arbeitsverhältnis“ seien in ihrer rechtlichen Bedeutung grundsätzlich so definiert, dass ein freies Dienstverhältnis wie das eines GmbH-Geschäftsführers hierunter nicht zu verstehen sei.

Aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich, dass der Gesetzgeber eine Syndikuszulassung nur für solche Unternehmensjuristen ermöglichen wollte, für die das Arbeitnehmerhaftungsprivileg gelte. Diese gesetzliche Konstruktion erfasse nicht die Zulassung von Geschäftsführern. Vielmehr habe ein Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden (§ 43 Abs. 1 GmbHG) und hafte der Gesellschaft gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG auch für leichte Fahrlässigkeit, wenn er seine Pflichten verletze. Dahinter steht offenbar der Gedanke, dass ohne Berufshaftpflichtversicherung nur derjenige unabhängig wie ein Rechtsanwalt beraten kann, der nicht fürchten muss, für jeden Fehler persönlich zu haften.

Auch aus dem Sinn und Zweck der Regelungen über die Zulassung zur Syndikusrechtsanwaltschaft ergäbe sich keine Einbeziehung von Geschäftsführerverträgen. Die §§ 46ff. BRAO seien als Reaktion auf die neuere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geschaffen worden, wonach eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht bei einer anwaltlichen Berufsausübung in der äußeren Form einer abhängigen Beschäftigung nicht in Betracht komme. Als Reaktion hierauf wurde eine statusrechtliche Anerkennung der Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt in einem Unternehmen als Rechtsanwalt geschaffen. Es solle ein Gleichlauf zwischen der berufsrechtlichen Zulassungsentscheidung und der Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht erreicht werden. Eine berufsrechtliche Zulassung führe daher stets zur Befreiung von der Rentenversicherungspflicht.

Hingegen sei ein Gleichlauf zwischen einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit und der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt vom Gesetzgeber nicht gewollt. Im konkreten Fall war der Geschäftsführer zugleich Minderheitsgesellschafter mit einer Beteiligung von 25% und hatte zuvor von der Rentenversicherung feststellen lassen, dass er seine Geschäftsführertätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und damit sozialversicherungspflichtig sei. Der Gesetzgeber habe bei der Zulassung bewusst auf die Kriterien des Arbeitsvertrages und nicht auf die sozialversicherungsrechtliche Einordnung der Tätigkeit abgestellt und damit in Kauf genommen, dass nicht jeder Syndikusrechtsanwalt zugelassen werden könne. Man habe sich bewusst gegen eine rein sozialrechtliche und für eine berufsrechtliche Lösung entschieden, nach der zunächst berufsrechtlich über die Zulassung entschieden werde und nach der berufsrechtlichen Entscheidung die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht zu erteilen sei (mit Verweis auf BT-Drs. 18/5201, S. 22).

Eine analoge Anwendung des § 46 Abs. 2 BRAO auf Geschäftsführerverträge kommt nicht in Betracht, da eine planwidrige Regelungslücke nicht ersichtlich sei.

BGH, Urteil vom 11.11.2024 – AnwZ (Brfg) 22/23